Der BFH hat sich einmal mehr mit der Rechtmäßigkeit der Anordnung von steuerlichen Außenprüfungen bei Vorliegen eines Anfangsverdachts wegen Steuerhinterziehung auseinandergesetzt.
Im Urteilsfall VI 32/17 v. 14.4.2020 ordnete das FA im Jahr 2019 bei dem Kläger – Gesellschafter einer Steuerberatungsgesellschaft – eine steuerliche Außenprüfung für die Jahre 2003 bis 2007 betr. Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft an. Anlass hierfür war ein Vermerk der Steuerfahndung von 2003, der u.a. Hinweise darauf enthielt, dass Kosten der privaten Lebensführung und Betriebsausgaben eines Pferdezuchtbetriebs des Klägers in der Gewinnermittlung der Steuerberatungsgesellschaft erfasst worden seien. Trotz Einspruchs gegen die Prüfungsanordnung wurde die Außenprüfung festgesetzt. Im Jahr 2012 nahm die Steuerfahndung Vorermittlungen gegen den Kläger im Zusammenhang mit dessen Pferdezuchtbetrieb auf und gab ihm im Jahr 2013 die Einleitung eines Strafverfahrens bekannt.
Der BFH wies die Revision des Klägers gegen die Prüfungsanordnung und ihre Erweiterung zurück und bejahte deren Rechtmäßigkeit. Für die Anordnung einer Außenprüfung sei es unerheblich, ob hinsichtlich der betroffenen Steuerarten und Besteuerungszeiträume der Anfangsverdacht einer Steuerstraftat besteht. Dies gelte bereits in Bezug auf die erstmalige Anordnung einer Außenprüfung. Eine Differenzierung zwischen erstmaligen Prüfungen und Anschlussprüfungen finde nicht statt. Die Anordnung einer Außenprüfung sei insbesondere auch zulässig, soweit ausschließlich festgestellt werden soll, ob und inwieweit Steuerbeträge hinterzogen oder leichtfertig verkürzt worden sind. Ermittlungsmaßnahmen des Außenprüfers könnten insoweit eine Doppelfunktion haben: Die Ermittlung des steuerlichen und dies des strafrechtlichen Sachverhalts. Demgemäß sei das FA auch bei Vorliegen eines Anfangsverdachts einer Steuerstraftat zur Anordnung der Außenprüfung befugt. Verstöße gegen die Belehrungspflichten (§ 393 Abs. 1 AO, § 10 BpO) und damit gegen den Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit führten nicht zur Rechtswidrigkeit einer Prüfungsanordnung. Die Vorschriften beträfen nicht die Voraussetzungen, „ob“ eine Prüfung angeordnet werden könne, sondern bestimmten, nach welchen rechtsstaatlichen Grundsätzen und damit „wie“ eine angeordnete Prüfung durchzuführen ist.
Die Entscheidung zeigt, dass es in der steuerstrafrechtlichen Beratungspraxis weniger auf die Anordnung bzw. Erweiterung einer Außenprüfung, sondern auf ihre Umsetzung ankommt. Über die Konsequenzen einer fehlerhaften oder unterlassenen Belehrung ist im Rahmen des Besteuerungsverfahrens bzw. im Rahmen des Strafverfahrens zu entscheiden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Hürden für ein steuerrechtliches Verwertungsverbot ausgesprochen hoch sind.