Sicherlich führt die Verlängerung der verpflichtenden Anwendung des § 2b UStG für jPöR bis zum 1. Januar 2023 zu einer Entlastung der von diesen betroffenen jPöR. Die Finanzverwaltung nutzt die Verschiebung der Geltung der Norm für die Masse der Rechtsanwender zur weiteren Klarstellung verschiedener Einzelfragen mittels Verwaltungsanweisung.
Mit BMF-Schreiben vom 23. November 2020 (III C 2 – S 7107/19/10004 :008) hat sich das Bundesministerium der Finanzen (BMF) wichtigen Anwendungsfragen des § 2b UStG im Zusammenhang mit dem Friedhofs- und Bestattungswesen zugewandt. Im BMF-Schreiben vom 16.12.2016 wurde lediglich in einem Beispiel der mittels Satzung der Gemeinde geregelten Betrieb eines kommunalen Friedhofs erwähnt (III C 2 – S 7107/16/10001, Rdnr. 9).
Einleitend weist das BMF (in Form einer Wiederholung bekannter Grundsätze) darauf hin, dass die Erbringung von Leistungen einer jPöR gegen Entgelt auch im Bereich des Friedhofs- und Bestattungswesens zu einem Leistungsaustausch im umsatzsteuerlichen Sinne und damit zur Annahme einer unternehmerischen Tätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 UStG führt. Werden die entsprechenden Leistungen auf der Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Satzung erbracht, führt dies zur Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 2b Abs. 1 S. 1 UStG. Es ist dann zu prüfen, ob eine Behandlung des Leistungserbringenden als Nichtunternehmer größeren Wettbewerbsverzerrungen führt, vgl. § 2b Abs. 1 S. 2 UStG. Eine Wettbewerbsverzerrung kommt nur dann in Betracht, wenn ein Wettbewerb zwischen der jPöR und privaten Unternehmern besteht bzw. bestehen könnte. Dies setzt voraus, dass die von einer jPöR auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erbrachte Leistung gleicher Art auch von einem privaten Unternehmer erbracht werden kann.
Im Einzelnen werden die folgenden Themenschwerpunkte mit den dazugehörigen Leistungen beleuchtet:
- Grabnutzungsberechtigungen/Liegerecht/Recht zur Beisetzung: das BMF kommt zum Ergebnis, dass es an einer Wettbewerbsverzerrung nach § 2b Abs. 2 Nr. 2 UStG fehlt, weil die – der Grabnutzungsberechtigung entsprechende – Vermietung von Grundstücken durch private Anbieter umsatzsteuerbefreit ist. Obzwar ein rechtlicher Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG bestünde scheide diese in der Praxis stets aus, die Nutzungsüberlassung niemals zu unternehmerischen Zwecke erfolge.
Hinweis: Als Nebenleistungen, die genauso zu behandeln sind zählt das BMF auf: Bestattungsleistungen, z.B. das Ausheben und Verfüllen der Grabstelle, das Auskleiden des Grabes, das Absenken des Args oder der Leiche, die Entsorgung von Kränzen und Blumen sowie die Pflege und Instandhaltung von Friedhofsanlagen, die dem Friedhofsträger vorbehalten sind.
- Aufbewahrung von Leichen in Kühlräumen oder Kühlzellen sowie Benutzung von Feierhallen, Friedhofskapellen und Abschiedsräumen.
Hinweis: Auch die Überlassung der Räumlichkeiten ist gem. § 2b Abs. 2 Nr. 2 UStG nicht umsatzsteuerbar. Entsprechendes gilt für die Nebenleistungen: Reinigung der Räume, Bereitstellung von Heizung und Beleuchtung, die hygienische Totenversorgung, die Entsorgung von Kränzen.
- Bestattungsleistungen im Zusammenhang mit bereits bestehenden Grabstätten (z. B. Umbettungen, Abräumen von Gräbern, Nachbestattungen ohne Verlängerung des Nutzungsrechts.
Hinweis: Die jPöR treten nach Ansicht des BMF nicht in Wettbewerb zu privaten Wirtschaftseilnehmern, wenn diese Leistungen durch eine für den Friedhof geltende Friedhofssatzung der den Friedhof betreibenden jPöR vorbehalten sind.
- Vertragliche Überlassung der Trägerschaft von Friedhof, Leichenhalle und Feierhalle durch kirchliche jPöR (Kirchengemeinden/ Kirchenstiftungen) an eine Kommune.
Hinweis: Die Übertragung der Trägerschaft für einen Friedhof von einer kirchlichen jPöR auf eine Kommune erfolgt nach Meinung des BMF im Rahmen öffentl. Gewalt.
Fazit: Die überwiegende Mehrheit der Leistungen im Bereich des Friedhofs- und Bestattungswesens dürfte auch künftig von der jPöR ohne Umsatzsteuer angeboten werden können. Einige Leistungen erfordern jedoch ein besonderes Augenmerk. Dies gilt beispielsweise für Grabpflegeleistungen an individuellen, räumlich abgrenzbaren Grabstätten, das Aufstellen von Grabsteinen, das Setzen der Grabeinfassung sowie Leistungen, die über die bloße Nutzungsüberlassung von Räumlichkeiten wie Feierhallen, Friedhofskapellen, Abschiedsräumen oder Kühlräumen für Leichen hinausgehen, wenn diese keine Nebenleistungen der Nutzungsüberlassung darstellen. Die Finanzverwaltung wird es nicht beanstanden, wenn für bereits laufende Rechtsverhältnisse über Grabnutzungsberechtigungen, Liegerechte bzw. das Recht zur Beisetzung keine Nachversteuerung gemäß § 27 Abs. 1 UStG erfolgt. Dies gilt auch für vor dem 1. Januar 2021 erlassene Verwaltungsakte oder abgeschlossene Verträge, die die Grabnutzungsberechtigungen, Liegerechte oder das Recht zur Beisetzung betreffen, selbst dann, wenn sie bereits unter dem Regelungsregime des § 2b UStG erlassen bzw. geschlossen wurden.