Das BMF hat mit seinem Schreiben vom 26. November 2020 auf die Fragen der Hochschulen respektive der Kultusministerkonferenz zu § 2b UStG reagiert (BMF-Schreiben an das Sekretariat der Kultusministerkonferenz zur Umsatzbesteuerung der Leistungen der öffentlichen Hand; Anwendungsfragen des § 2b UStG, III C 2 – S 7107/19/10005 :015 v. 26.11.2020)
In diesem Schreiben hat sich das BMF insbesondere zu den folgenden Punkten geäußert:
- Forschungskooperationen
Grundsätzlich kann es bei Forschungskooperationen öffentlich-rechtlicher Hochschulen zu Begründung von Gesellschaftsverhältnissen kommen, bei denen die allgemeinen Grundsätze des Abschnitts 1.6 des Umsatzsteueranwendungserlasses (UStAE) zu beachten sind. Im Falle sog. echter Gesellschafterbeiträge fällt keine Umsatzsteuer an.
Im Übrigen kann bei Forschungskooperationen § 2b UStG im Falle von öffentlich-rechtlichen Hochschulen sowie öffentlich-rechtlich organisierten Forschungseinrichtungen Anwendung finden. Ob im Endeffekt eine Nichtbesteuerung der Leistungen mit Umsatzsteuer möglich ist, hängt im Einzelfall davon ab, ob die Nichtbesteuerung der Leistungen zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen kann.
Größere Wettbewerbsverzerrungen können dabei nicht allein deshalb ausgeschlossen werden, weil Aufgaben faktisch ausschließlich durch die öffentliche Hand oder von der öffentlichen Hand finanzierten Einrichtungen wahrgenommen werden. Bereits potentielle Leistungserbringer aus der privaten Wirtschaft sind – im Gegensatz zu hypothetischen – schädlich.
Nur weil eine Tätigkeit der Grundlagenforschung zugeordnet wird, führt dies nicht dazu, dass daraus umsatzsteuerliche Rechtsfolgen (iS eine Umsatzsteuerbarkeit könne ausgeschlossen werden) geschlossen werden können. - Studiengebühren
Erbringen öffentlich-rechtliche Hochschulen entgeltliche Weiterbildungsleistungen auf privatrechtlicher Grundlage, können sie nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG von der Umsatzsteuer befreit sein. Diese Befreiung erhalten auch private Anbieter von Weiterbildungsleistungen, wenn sie die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG erfüllen. Insoweit sind die Hochschulen nichtunternehmerisch tätig, wenn sie solche Weiterbildungsleistungen auf öffentlich-rechtlicher Grundlage anbieten, vgl. § 2b Abs. 2 Nr. 2 UStG; Rz. 38 f. des BMF-Schreibens vom 16. Dezember 2016, BStBl I S. 1451. Dem steht nicht entgegen, dass Weiterbildungsleistungen anderer Anbieter steuerpflichtig sein können. - Gemeinsame Berufungen
- Allgemeines
Das BMF konstatiert, dass aufgrund der Vielzahl der Ausgestaltungen einer gemeinsamen Berufung (z.B. Berliner-Modell, Jülicher Modell, Karlsruher-Modell, Thüringer Modell) eine Beurteilung jeweils im Einzelfall erforderlich ist. Allgemein gilt aber Folgendes:
Gemeinsame Berufungen unterliegen nur dann der Umsatzsteuer, wenn sie zu einem Leistungsaustausch führen, wie z. B. beim Berliner Modell, bei dem die Hochschule den Berufenen gegen Erstattung der angefallenen Personalkosten an die außeruniversitäre Forschungseinrichtung überlässt. Hier liegen die allgemeinen Voraussetzungen der Unternehmereigenschaft nach § 2 Abs. 1 UStG regelmäßig vor.
Der Anwendungsbereich des § 2b UStG kann bei einer als öffentlich-rechtlichen Vertrag konzipierten Kooperationsvereinbarung eröffnet sein. In der Regel werden insoweit aber regelmäßig größere Wettbewerbsverzerrungen nicht auszuschließen sein, da insbesondere ein potentieller Wettbewerb zu privaten Hochschulen bestehe. - Versorgungszuschläge
Überaus praxisrelevant (insbesondere in Bezug auf Betriebsprüfungen) ist die Frage der umsatzsteuerlichen Konsequenzen bei Zahlunngen von Versorgungszuschlägen im Rahmen des Jülicher Modells.
Bei dem Jülicher Modell wird der Professor von der Hochschule für die Zeit seiner Tätigkeit bei der außeruniversitären Forschungseinrichtung beurlaubt. Während der Beurlaubung erhält er keine Bezüge von der Hochschule oder dem Land, sondern er wird direkt von der außeruniversitären Forschungseinrichtung bezahlt, mit der er einen privatrechtlichen Anstellungsvertrag abgeschlossen hat. Ein Leistungsaustausch zwischen der Hochschule oder dem Land und der außeruniversitären Forschungseinrichtung in Form einer entgeltlichen Personalgestellung liegt in diesen Fällen regelmäßig nicht vor.
Beurlaubungszeiten von beamteten Professoren können nach landesrechtlichen Vorschriften ruhegehaltsfähig sein, wenn die Beurlaubung öffentlichen Belangen oder dienstlichen Interessen dient. Zusätzlich kann nach den jeweiligen Bundes- und Landesgesetzen die Zahlung eines Versorgungszuschlags erforderlich sein. Bei Zahlung eines Versorgungszuschlags verpflichtet sich die außeruniversitäre Forschungseinrichtung dann, an die Hochschule oder das Land einen entsprechenden Zuschlag in Höhe von zum Beispiel 25 oder 30 Prozent der Bezüge des Professors zu entrichten.
Das BMF bestätigt in diesem Zusammenhang, dass diese Zahlungen als Leistungen der Forschungseinrichtungen an die gemeinsam Berufenen (und nicht als umsatzsteuerlich relevante Zahlungen an die Hochschule oder das Land) zu werten sind, wenn z. B. im Rahmen des Arbeitsvertrags zwischen der Forschungseinrichtung und dem Arbeitnehmer vereinbart wird, dass die Forschungseinrichtung das verhandelte Gehalt zuzüglich des Versorgungszuschlages zu bezahlen hat.
- Allgemeines
Anm:
Nach unserer Einschätzung sprechen grundsätzlich keine Argumente dafür, dass die Zahlung des Versorgungszuschlages ein Entgelt für eine Leistung der Universität sein solle. Die Zahlung des Versorgungszuschlages ist letztendlich im alleinigen Interesse des gemeinsam Berufenen, d.h. des/der jeweiligen Professor/in.
Hinweis:
In Kenntnis dieser BMF-Einschätzung vertreten Betriebsprüfer derzeit teilweise weiterhin die Auffassung, die Zahlung des Versorgungszuschlages im Rahmen des Jülicher Modells begründe einen umsatzsteuerbaren und umsatzsteuerpflichtigen Leistungsaustausch zwischen Hochschule und Forschungseinrichtung.