Durch das Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020, BGBl. 2020 I, 3096 v. 21.12.2020) wurden auch in gemeinnützigkeitsrechtlicher Hinsicht erhebliche gesetzliche Änderungen vorgenommen, die es nunmehr zu beachten gilt.
Zum Hintergrund dieser Änderung sei vorab erwähnt, dass einige sich bereits seit geraumer Zeit angekündigt hatten, vgl. insoweit auch unseren Newsletter aus Oktober 2020 zum Positionspapier der CDU/CSU Fraktion im Deutschen Bundestag v. 16.6.2020 zu einem „Ehrenamtsgesetz 2021“ [Link].
Im Folgenden werden die einzelnen gemeinnützigkeitsrechtlich relevanten Änderungen durch das JStG 2020 dargestellt:
1. Erhöhung des Ehrenamtsfreibetrags und des Übungsleiterfreibetrags ab VZ 2021
Der einkommensteuerfreie Ehrenamtsfreibetrag wurde ab dem Veranlagungszeitraum 2021 von 720 € auf 840 € erhöht, vgl. § 3 Nr. 26a EStG. Der so genannte Übungsleiterfreibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG ist ab dem Veranlagungszeitraum 2021 bis zu einem Betrag in Höhe von 3.000 € steuerfrei (vorher 2.400 €).
2. Aktualisierung des Katalogs gemeinnütziger Zwecke
Zwecke die gemeinnützig iS der Abgabenordnung sind, werden in § 52 AO geregelt.
a) Ausdrücklich ist der Zweck des Klimaschutzesin den Katalog aufgenommen worden, vgl. § 52 Abs. 2 Nr. 8 AO.
Hinweis: Der Klimaschutz wurde in der Vergangenheit in der Regel bereits durch den Zweck Umwelt- und Naturschutz abgedeckt. Er soll durch die ausdrückliche gesetzliche Regelung jedoch hervorgehoben und darüber hinaus möglicherweise nicht vom Umwelt- und Naturschutz abgedeckte Zwecke des Klimaschutzes erfassen.
b) Die Förderung der Hilfe für Menschen, die auf Grund ihrer geschlechtlichen Identität oder ihrer geschlechtlichen Orientierung diskriminiert werden, wurde ergänzt, vgl. § 52 Abs. 2 Nr. 10 AO.
Hinweis: Zudem wurde in § 52 Abs. 2 Nr. 10 das Wort rassisch durch rassistisch ersetzt.
c) Als gemeinnütziger Zweck ist die Ortsverschönerung hinzugefügt worden, vgl. § 52 Abs. 2 Nr. 22 AO.
Hinweis: Die Förderung der Ortsverschönerung soll die in verschiedenen Katalogzwecken enthaltenen Aspekte wie z.B. Landschaftspflege, Heimatpflege, Naturschutz und Denkmalpflege in einem für die Entwicklung und Attraktivität des ländlichen Raumes zentralen Punkt bündeln. Insoweit soll die Ergänzung um den Zweck der Ortsverschönerung zu einer Bürokratieentlastung bei den Vereinen führen, welche bisher die Verfolgung sämtlicher oben genannter Zwecke nachweisen mussten.
Der Aspekt der Wirtschaftsförderung fällt ausdrücklich nicht unter die Förderung der Ortsverschönerung, vgl. BT-Drucks. 19/25160, 222.
d) Die Förderung des Freifunk wurde in § 52 Abs. 2 Nr. 23 AO ergänzt.
Hinweis: Unter dem sogenannten „Freifunk“ werden nichtkommerzielle Initiativen eingeordnet, die sich der Förderung der lokalen Kommunikation sowie der technischen Bildung, dem Aufbau und Betrieb eines lokalen freien Funknetzes widmen.
e) Als neuer gemeinnütziger Zweck ist mit § 52 Abs. 2 Nr. 26 die Förderung der Unterhaltung und Pflege von Friedhöfen und die Förderung der Unterhaltung von Gedenkstätten für nichtbestattungspflichtige Kinder und Föten hinzugefügt worden.
Hinweis: Grundsätzlich obliegt die Friedhofsverwaltung der öffentlichen Hand, die – soweit es Aufgaben des Bestattungswesens betrifft – dies im Rahmen ihres Hoheitsbetriebs erbringt. Soweit eine private Organisation die Friedhofsverwaltung, einschließlich der Pflege und Unterhaltung des Friedhofsgeländes und seiner Baulichkeiten, selbstlos, ausschließlich und unmittelbar wahrnimmt, kann dies zukünftig als Förderung der Allgemeinheit iS des § 52 AO eingeordnet werden.
3. Keine zeitnahe Mittelverwendungspflicht für kleine Körperschaften
Grundsätzlich muss eine gemeinnützige Körperschaft ihre Mittel zeitnah, d.h. spätestes in den in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren für gemeinnützige Zwecke verwenden, vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 5 Sätze 1 bis 3 AO. Durch das JStG 2020 gilt diese zeitnahe Mittelverwendungspflicht nicht mehr für Körperschaften deren jährliche Einnahmen nicht mehr als 45.000 € betragen, vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 4 AO.
Hinweis: Maßgeblich sind die kumulierten Einnahmen sämtlicher Vermögenssphären (ideeller Bereich, Zweckbetrieb, Vermögensverwaltung und des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs). Für diese Körperschaften ist eine Mittelverwendungsrechnung dann grds. nicht mehr erforderlich.
4. Gemeinsame Zweckverwirklichung und gemeinnützige Holding
Durch das JStG 2020 wurde nunmehr kodifiziert, dass eine unmittelbare Zweckverwirklichung auch dann gegeben ist, wenn eine Körperschaft satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren gemeinnützigen Körperschaft einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht, vgl. § 57 Abs. 3 AO.
Eine Körperschaft verfolgt ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar, wenn sie ausschließlich Anteile an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften hält und verwaltet, vgl. § 57 Abs. 4 AO.
Hinweis: Soweit die gemeinnützige Holdinggesellschaft entgeltliche Leistungen gegenüber den Kapitalgesellschaften ausführt, an denen sie beteiligt ist, beurteilen sich diese nach den allgemeinen Regelungen.
5. Mittelweitergabe
a) Die Mittelweitergabe zu steuerbegünstigten Zwecken ist in § 58 Nr. 1 AO neu geregelt worden. § 58 Nr. 1 AO regelt nunmehr einheitlich die Mittelweitergabe und ersetzt somit die bisherigen Regelungen in § 58 Nr. 1 und Nr. 2 AO.
Es wird nunmehr nicht mehr zwischen Mittelbeschaffung und Mittelweitergabe unterschieden.
Maßgeblich für eine steuerunschädliche Mittelweitergabe einer steuerbegünstigten Körperschaft ist gemäß § 58 Nr. 1 AO, dass die empfangende Körperschaft selbst steuerbegünstigt oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist. Soweit die Mittelweitergabe die einzige Zweckverwirklichung der zuwendenden Körperschaft ist, ist die Mittelweitergabe als Art der Zweckverwirklichung in der Satzung zu benennen.
Hinweis: Für die Praxis bietet es sich an, grundsätzlich auch die Mittelweitergabe als Art der Zweckverwirklichung mit in die Satzung aufzunehmen.
b) Durch das JStG 2020 wird in § 58a AO der Vertrauensschutz bei Mittelweitergaben im Hinblick auf die Gemeinnützigkeit der empfangenden Körperschaft erstmals geregelt.
Vertrauensschutz besteht demnach nur, wenn sich die zuwendende Körperschaft zum Zeitpunkt der Zuwendung die Steuerbegünstigung der empfangenden Körperschaft hat nachweisen lassen durch eine Ausfertigung
(i) der Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid (nicht älter als 5 Jahre),
(ii) des Freistellungsbescheids (nicht älter als 5 Jahre),
(iii) des Bescheids nach § 60a AO (nicht älter als 3 Jahre, wenn (i) und (ii) bisher noch nicht erteilt wurden).
Der Vertrauensschutz besteht dann nicht, wenn
(x) die zuwendende Körperschaft die Unrichtigkeit eines der o.g. Verwaltungsakte kennt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kennt oder
(y) die zuwendende Körperschaft eine Verwendung für nicht steuerbegünstigte Zwecke durch die empfangende Körperschaft veranlasst hat.
6. § 60a Abs. 6 AO
Durch § 60a Abs. 6 AO soll in Missbrauchsfällen der Rechtsschein der Gemeinnützigkeit beseitigt werden.
Soweit bis zum Zeitpunkt des erstmaligen Körperschaftsteuerbescheids oder Freistellungsbescheids bereits Erkenntnisse vorliegen, dass die tatsächliche Geschäftsführung gegen die satzungsmäßigen Voraussetzungen verstößt, ist die Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen abzulehnen.
7. Erhöhung der Freigrenze für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe auf 45.000 €
Die Freigrenze wurde von 35.000 € auf 45.000 € erhöht.
Hinweis: Die Einkünfte im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterliegen nicht der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer soweit die Einnahmen einschließlich USt. aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die keine Zweckbetriebe sind, 45.000 € im Jahr nicht übersteigen, vgl. § 64 Abs. 3 AO.
8. Erweiterung der Zweckbetriebe
a) Als Zweckbetrieb gelten nunmehr auch Einrichtungen zur Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen, vgl. § 68 Nr. 1 Buchst. c AO.
b) Als Zweckbetrieb gelten nunmehr auch Einrichtungen zur Durchführung der Fürsorge für psychische und seelische Erkrankungen bzw. Behinderungen, vgl. § 68 Nr. 4 AO.
9. Zuwendungsempfängerregister
Erstmalig wird durch das JStG 2020 ein Register für steuerbegünstigte Körperschaften eingeführt, vgl. § 60b AO.
Das Register wird beim Bundeszentralamt für Steuern geführt und speichert folgende Daten der steuerbegünstigten Körperschaften iS der §§ 51 bis 68 AO:
- Wirtschafts-Identifikationsnummer der Körperschaft
- Name der Körperschaft,
- Anschrift der Körperschaft,
- steuerbegünstigte Zwecke der Körperschaft,
- das für die Festsetzung der Körperschaftsteuer der Körperschaft zuständige Finanzamt,
- Datum der Erteilung des letzten Freistellungsbescheides oder Feststellungsbescheides nach § 60a AO,
- Bankverbindung der Körperschaft.