Abgeschlossene Verhandlungen zwischen Neuseeland und der Europäischen Union über Freihandelsabkommen
Die seit Juni 2018 andauernden Verhandlungen der EU mit Neuseeland über ein Freihandelsabkommen konnten am 30.6.2022 abgeschlossen werden vgl. Pressemitteilung der EU. Die ausgehandelten Entwürfe sind bislang nur in englischer Sprache veröffentlicht, werden einer Rechtsförmlichkeitsprüfung unterzogen und in alle Amtssprachen der EU übersetzt. Anschließend soll mit dem Ratifizierungsprozess begonnen werden.
Hintergrund:
Neuseeland stellt für die EU einen wichtigen Partner im indopazifischen Raum dar. Mit dem Abkommen sollen Unternehmen und Verbrauchern neue wirtschaftliche Chancen ermöglicht werden. Die Kommission erwartet durch das Abkommen einen Anstieg des bilateralen Handels um bis zu 30 % und eine Erhöhung der jährlichen EU-Ausfuhren um bis zu 4,5 Milliarden Euro. Ab dem ersten Jahr der Anwendung ist für Unternehmen in der EU ein Zollabbau von jährlich etwa 140 Millionen Euro zu erwarten. Insbesondere für die Agrar- und Ernährungswirtschaft soll das Freihandelsabkommen neue wirtschaftliche Möglichkeiten eröffnen.
Inhalte des Freihandelsabkommens:
Durch das bilaterale Abkommen sollen großen und kleinen Unternehmen neue Möglichkeiten eröffnet werden, indem u.a.
- alle Zölle auf EU-Ausfuhren nach Neuseeland abgeschafft werden;
- der neuseeländische Dienstleistungsmarkt in Schlüsselbranchen wie Finanzdienstleistungen, Telekommunikation, Seeverkehr und Zustelldiensten geöffnet wird;
- eine nichtdiskriminierende Behandlung von EU-Investoren in Neuseeland und umgekehrt sichergestellt wird;
- die Teilnahme von EU-Unternehmen an neuseeländischen öffentlichen Ausschreibungen für Waren, Dienstleistungen, Bauprojekte und Baukonzessionen verbessert wird;
- die Datenströme, berechenbare und transparente Regeln für den digitalen Handel und ein sicheres Online-Umfeld für Verbraucher gefördert werden;
- ungerechtfertigte Anforderungen an die Datenlokalisierung verhindert werden und das hohe Niveau des Schutzes personenbezogener Daten erhalten wird;
- kleine Unternehmen durch ein eigenes Kapitel über kleine und mittlere Unternehmen dabei unterstützt werden, mehr auszuführen;
- Konformitätsanforderungen und -verfahren erheblich abgebaut werden, um einen schnelleren Warenfluss zu ermöglichen;
- Neuseeland erhebliche Verpflichtungen zum Schutz und zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums im Einklang mit den EU-Standards eingegangen ist.
Außerdem enthält das Freihandelsabkommen Nachhaltigkeitsverpflichtungen der beiden Vertragspartner, die sich in verschiedenen Regelungsbereichen wiederfinden.
Einordnung:
Die Regelungen des Freihandelsabkommens treten mit der Zustimmung des EU-Parlaments und der Ratizifierung durch Neuseeland in Kraft. Für das Zollrecht bedeutet dies, dass die sich aus dem Freihandelsabkommen ergebenden Präferenzzollsätze ab diesem Zeitpunkt anzuwenden sind.
Zu beachten ist ferner, dass nicht alle Zollgebühren mit dem Inkrafttreten des Freihandelsabkommens komplett abgeschafft werden sollen. Für einzelne Waren wurde eine Reduktion der Gebühren über einen gewissen Zeitraum vereinbart. Darauf ist bei der Einreihung der Waren in den Zolltarif zu achten.
Schon bevor die Regelungen des Abkommens tatsächlich ihre Wirkung entfalten, ist es empfehlenswert, sich mit den Vorteilen des Freihandelsabkommens zu befassen, um diese unmittelbar nach Inkrafttreten für bestehende Geschäftsbeziehungen zu nutzen oder einen neuen Markt zu erschließen.