Neues BMF-Schreiben zur Abgrenzung zwischen Zuschuss und Entgelt
Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Zuschüssen ist komplex und streitanfällig. Das BMF hat mit Schreiben vom 11.6.2024 (Az.: III C 2 – S 7200/19/10001 :028) den Abschn. 10.2 Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) zur Abgrenzung zwischen einem Entgelt für eine Leistung an den Zuschussgeber (Zahlenden) und einem nicht steuerbaren „echten“ Zuschuss bezüglich der Bedeutung des mit der Zahlung verbundenen Zwecks geändert.
Allgemeines:
Werden Körperschaften des öffentlichen Rechts oder Gemeinnützige mit Zuschüssen der öffentlichen Hand oder sonstiger Dritter bedacht, stellt sich häufig die Frage nach der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung dieser Zuschüsse (insb., ob der Zuschuss ein Entgelt für eine umsatzsteuerbare Leistung des Zahlungsempfängers an den Zahlenden darstellt), vgl. ausführlich zu dieser Thematik Brill, in: Neues zum Gemeinnützigkeitsrecht und zur Besteuerung der öffentlichen Hand 2023 (KSp 51), 2023, Tz. H. Abzugrenzen ist hier zwischen drei Möglichkeiten, vgl. Abschn. 10.2 Abs. 1 Satz 1 UStAE:
- Der Zuschuss kann Entgelt für eine Leistung an den Zuschussgeber (Zahlenden) sein
→Umsatzsteuerrechtliche Folge: steuerbarer Leistungsaustausch nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG - Der Zuschuss ist (zusätzliches) Entgelt eines Dritten
→Umsatzsteuerrechtliche Folge: Entgelt von dritter Seite gem. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG - Es handelt sich um einen sog. echten Zuschuss
→Umsatzsteuerrechtliche Folge: der Zuschuss ist nicht umsatzsteuerbar (kein Leistungsaustausch nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG).
Das neue BMF-Schreiben befasst sich mit der Abgrenzung zwischen dem Zuschuss als Entgelt für eine Leistung an den Zuschussgeber (oben Var. 1) und einem echten – nicht steuerbaren –Zuschuss (oben Var. 3) und ergänzt die diesbezüglichen (bisherigen) Kriterien in Abschn. 10.2. Abs. 2, 7 und 9 UStAE im Hinblick auf die Bedeutung des mit der Zahlung verbundenen Zwecks.
Inhalt des BMF-Schreibens
Nach der bisherigen Verwaltungsauffassung konnten die Zwecke, die der Zahlende mit den Zahlungen verfolgt, allenfalls Aufschlüsse darüber geben, ob der erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen Leistung und Zahlung vorliegt.
Diese Auffassung konkretisiert das BMF nun dahingehend, dass die Abgrenzung zwischen einem Entgelt für eine Leistung an den Zahlenden und einem nicht steuerbaren echten Zuschuss vor allem nach der Person des Bedachten und dem Förderungsziel vorzunehmen ist. Hierbei ist entscheidend, ob dem Zuschussgeber eine bestimmte Leistung zugewendet werden soll (dann umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch) oder ob vielmehr die Tätigkeit des Zuwendungsempfängers nicht für den Zahlenden als Leistungsempfänger bestimmt ist (dann echter Zuschuss). Als Indiz zur Abgrenzung kann dabei u.a. der vom Zahlenden verfolgte Zweck herangezogen werden.
Dienen die Zahlungen vorrangig dem leistenden Zahlungsempfänger zu seiner Förderung aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen, handelt es sich um nicht steuerbare echte Zuschüsse. In diesen Fällen ist es nach Auffassung des BMF unerheblich, wenn sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag zu Leistungen verpflichtet haben.
Beispiele
Das BMF ergänzt den UStAE zudem mit zwei (weiteren) Beispielsfällen, anhand derer das obige Kriterium des mit der Zahlung verfolgten Zwecks verdeutlicht werden soll:
- Überträgt eine Gemeinde im Wege eines Geschäftsbesorgungsvertrages die Verwaltung von Sporthallen sowie das Einziehen der Hallenmieten einschließlich des Mahnwesens und Vollstreckungswesens auf einen Sportverein und erhält der Sportverein aufgrund des Geschäftsbesorgungsvertrags jährlich einen bestimmten Betrag für diese Leistungen, wird die Grenze zum Leistungsaustausch überschritten. Es soll eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung des Sportvereins (Bewirtschaftung und Erhalt der Liegenschaft) an die Gemeinde vorliegen, vgl. BFH-Urt. V R 54/09 v. 5.8.2010, BStBl. 2011 II, 191.
- Hingegen soll ein echter nicht steuerbarer Zuschuss vorliegen, wenn einem Verein nach einem mit der Gemeinde geschlossenen Nutzungsvertrag eine Sportanlage zur langfristigen Nutzung unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird und der Verein gegenüber G keine konkreten Betreiberleistungen zu erbringen hat. Die pauschale Kostenerstattung der Gemeinde für die Bewirtschaftung durch den Verein verfolgt dabei den Zweck, die Tätigkeit des Vereins allgemein zu fördern und den Verein in die Lage zu versetzen, seine gemeinnützige Tätigkeit auszuüben, vgl. BFH-Urt. V R 17/20 v. 18.11.2020, BFH/NV 2022, 553 (die Entscheidung ist zur Veröffentlichung im BStBl. Teil II vorgesehen).
Praxishinweis:
Die Grundsätze des neuen BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Mithin ist bei der Prüfung der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Zuschüssen fortan auch die konkretisierte – oben dargestellte – Verwaltungsauffassung zu der Bedeutung des mit der Zahlung verfolgten Zwecks sowie die Entwicklung der Rechtsprechung zu berücksichtigen. Generell gilt, dass bei der Prüfung der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Zuschüssen äußerste Sorgfalt geboten ist. Allein aus der Bezeichnung als „Zuschuss“, „Zuwendung“, „Fördermittel“ oder „Beihilfe“ kann noch nicht auf einen echten nicht steuerbaren Zuschuss geschlossen werden. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Zahlung primär den Zweck verfolgt, den Zuwendungsempfänger allgemein zu fördern oder ob der Zuwendungsempfänger konkrete Leistungen für den Erhalt der Gelder zu erbringen hat.
Verfasst von:
Jacob Eisenreich
Wissenschaftlicher Mitarbeiter