Influencer im Fokus steuerstrafrechtlicher Ermittlungen
Influencer sind längst mehr als nur ein Social-Media-Trend, sie sind inzwischen ein ernstzunehmender Wirtschaftsfaktor. Nun geraten sie verstärkt in den Fokus der Steuerfahndung. Nach Angaben des Finanzministeriums NRW vom 15. Juli 2025 analysiert die Finanzverwaltung derzeit ein umfassendes Datenpaket bestehend aus 6.000 Datensätzen mit Bezug zu Influencern aus Nordrhein-Westfalen. Der Verdacht: Steuerbetrug in großem Stil. Es geht um mutmaßlich hinterzogene Steuern in Höhe von 300 Millionen Euro. Auch andere Bundesländer, darunter Hamburg, haben branchenweite Prüfungen angekündigt.
Im Zentrum der Prüfung der Steuerfahndung stehen Einnahmen aus Werbekooperationen, Abonnements und Sponsoring – insbesondere von Influencern mit großer Reichweite. Die Behörden betonen, dass vor allem Fälle mit „hoher krimineller Energie“ im Fokus stehen. Dabei ist nicht nur NRW aktiv: Auch andere Bundesländer bereiten vergleichbare Maßnahmen vor.
Steuerstrafrechtliche Risiken im Überblick
Zentraler strafrechtlicher Anknüpfungspunkt ist § 370 AO: Wer steuerlich erhebliche Tatsachen falsch oder unvollständig angibt – oder gar keine Steuererklärungen abgibt – riskiert ein Strafverfahren.
Kritisch sind vor allem:
Die unzutreffende, grundlegende Nichterfassung als Steuerpflichtiger in Deutschland.
Nicht erklärte Werbeeinnahmen (z. B. aus Affiliate-Links, Produkttests, YouTube-Werbung).
Betriebsausgaben, die tatsächlich privat veranlasst sind (z. B. Kleidung, Reisen, Technik).
Ein wichtiger Aspekt, der in der Beratungspraxis häufig übersehen wird, betrifft die Pflicht zur Berichtigung unvollständiger oder unzutreffender Erklärungen nach § 153 AO. Hat ein Steuerpflichtiger – etwa durch Medienberichte, Beratungsgespräche oder behördliche Hinweise – Kenntnis davon erlangt, dass frühere Angaben fehlerhaft oder unvollständig waren, so ist er verpflichtet, dies dem Finanzamt unverzüglich anzuzeigen. Wird die Berichtigung unterlassen, kann dies selbstständig den Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllen – und zwar auch dann, wenn der ursprüngliche Fehler lediglich auf Fahrlässigkeit beruhte. Die Erkenntnis nachträglich entfalteter Aufklärungspflichten sollte daher nicht ignoriert, sondern zügig umgesetzt werden.
Typische Fehlerquellen
1. Unterschätzte Umsatzsteuerpflicht:
Viele Influencer erhalten Produkte wie Kosmetika, Kleidung oder Reisen kostenlos zur Verfügung gestellt – verbunden mit der Erwartung, diese im Rahmen ihrer Social-Media-Kanäle zu präsentieren. Was häufig übersehen wird: Diese Sachleistungen gelten als umsatzsteuerpflichtige Entgelte. Wer eine Reise im Gegenwert von 2.000 € erhält und dafür auf Instagram oder YouTube Content veröffentlicht, erbringt folglich eine umsatzsteuerpflichtige Leistung – auch wenn kein Geld fließt.
2. Vermischung von privaten und betrieblichen Ausgaben:
Ein Klassiker im Bereich der Einkommensteuer sind überhöhte Betriebsausgaben: Flugreisen, Hotelübernachtungen, Kleidung und Make-up, aber auch Einrichtung, Technik und das Home-
Office im Elternhaus. Was betrieblich motiviert erscheint, ist steuerlich oft nur anteilig oder gar nicht abziehbar. Insbesondere bei gemischter Nutzung (z. B. Kameraausrüstung für private und geschäftliche Zwecke) gelten enge Abgrenzungsmaßstäbe. Entsprechend bedarf es einer klaren Dokumentation der betrieblichen Veranlassung.
3. Schein-Auslandswohnsitz:
Ein wachsendes Phänomen: Influencer verlagern ihren melderechtlichen Wohnsitz in Steueroasen wie Dubai oder Zypern und gehen davon aus, damit automatisch der deutschen Steuerpflicht zu entkommen. Doch so einfach ist es nicht: Ein Wohnsitz im steuerlichen Sinne (§ 8 AO) liegt nicht nur bei gemeldeten Wohnungen vor, sondern bereits dann, wenn eine Wohnung im Inland tatsächlich zur Verfügung steht und genutzt wird. Zudem kann ein gewöhnlicher Aufenthalt (§ 9 AO) auch bei wiederholten oder längeren Inlandsaufenthalten bestehen bleiben. Häufig wird übersehen, dass auch ohne Wohnsitz eine beschränkte Steuerpflicht in Deutschland vorliegen kann (§ 1 Abs. 4 i.V.m. § 49 EStG), etwa bei Einnahmen aus Content, Namensrechten oder sonstigen Leistungen, die im Inland verwertet werden.
Fazit
Die Auswertung des Influencer-Datenpakets markiert eine neue Phase im Steuervollzug der Finanzbehörden. Influencer sehen sich zunehmend mit detaillierten Prüfungen konfrontiert – insbesondere, wenn sie hohe Reichweiten haben und mit lukrativen Kooperationen ihr Geld verdienen. Wer steuerliche Pflichten vernachlässigt, riskiert unangenehme Nachzahlungen und strafrechtliche Konsequenzen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, steuerliche Sachverhalte proaktiv zu klären.
In jedem Fall gilt: Die steuerlichen und strafrechtlichen Fragestellungen sind komplex – eine frühzeitige Mandatierung fachkundiger Berater ist dringend zu empfehlen.

