Liebe Leserinnen und Leser,
das für die Besteuerungspraxis bedeutsame umfangreiche Wachstumschancengesetz hat durch die erste Lesung im Bundestag Eingang in das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren gefunden. Es zeichnet sich indessen ab, dass der eingebrachte Regierungsentwurf noch erhebliche Veränderungen und Ergänzungen erfahren wird. Das lassen ua. die (105 Seiten umfassenden) Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrats für eine Stellungnahme des Bundesrats zum Gesetzentwurf erkennen. Wir vermitteln in Schlagworten eine Übersicht über praktisch bedeutsame Änderungsvorschläge.
Der Regierungsentwurf zum Wachstumschancengesetz hat als BT-Drucks. 20/8628 v. 2.10.2023 Eingang in die parlamentarischen Beratungen gefunden. Es zeichnet sich indessen ab, dass es noch zahlreiche Änderungen erfahren wird. Dies zeigt insbesondere eine bereits vorliegende und 105 Seiten umfassende Empfehlung des Finanzausschusses des Bundesrats (BR-Drucks. 433/1/23 v. 9.10.2023) für die Sitzung des Bundesrates am 20.10.2023. Die Ausschüsse empfehlen ua. folgende Änderungen des Gesetzentwurfs:
- Die vorgesehene Klimaschutz-Investitionsprämie sollte in verschiedenen Punkten modifiziert und grundsätzlich außerhalb des Steuerrechts verortet werden.
- Die sog. Poolabschreibungen nach § 6 Abs. 2a EStG sollen mit Wirkung im Folgejahr gänzlich abgeschafft werden (vorgesehen ist im Regierungsentwurf dagegen eine beträchtliche Verbesserung dieser Abschreibungsmöglichkeit).
- Im Zuge der geplanten Wiedereinführung der degressiven AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter soll (haushaltspolitisch motiviert) der maßgebliche Faktor (bisher das Zweieinhalbfache der linearen AfA) gesenkt werden. Es wird nicht angegeben, auf welchen niedrigeren Faktor die Absenkung erfolgen soll.
- Der Finanzausschuss des Bundesrats will erhebliche Verbesserungen für die beabsichtigte Neufassung des § 34a EStG (Begünstigung des nicht entnommenen Gewinns) erreichen, zB eine Veränderung der Verwendungsreihenfolge. Die neuen Regelungen sollen erstmals für den VZ 2025 anwendbar sein.
- In § 1 AStG sollen Änderungen im Hinblick auf grenzüberschreitende Finanzierungsbeziehungen erfolgen, die eine Zweifachbesteuerung im In- und Ausland vermeiden. Der neue § 4l EStG soll nach den Vorstellungen des Finanzausschusses des Bundesrats völlig entfallen.
- Die durch das JStG 2022 eingeführte Steuerbefreiung für bestimmte Photovoltaikanlagen nach § 3 Nr. 72 EStG soll verbessert werden, indem die bisherigen Freigrenzen in Freibeträge umgewandelt werden.
- Die in § 3 Nr. 73 EStG-Entw. vorgesehene Freigrenze für Einkünfte nach § 21 EStG von 1.000 € soll entfallen.
- Die Erweiterung des Verlustrücktrags nach § 10d Abs. 1 EStG-Entw. soll entfallen, ebenso die Erhöhung der Verlustvortragsquote auf 80 % in § 10d Abs. 2 EStG-Entw. Entsprechend sollen die angepassten gewerbesteuerrechtlichen Regelungen dazu gestrichen werden.
- Die Erhöhung des Freibetrags für unbesteuerte Sachbezüge anlässlich von Betriebsveranstaltungen soll bei 110 € verharren und nicht auf 150 € angehoben werden.
- Der Finanzausschuss des Bundesrats äußert die Prüfbitte, bei der Zinsschrankenregelung nach § 4h EStG die 3 Mio €.-Grenze als Freibetrag auszugestalten, wie der Referentenentwurf zum Wachstumschancengesetz es vorsah.
- Die Voraussetzungen für den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer von Gebäuden für AfA-Zwecke sollen verschärft (Form der Gutachtenerstattung), gleichzeitig aber für bestimmte Betriebsgebäude die Voraussetzungen für eine Regelung in den sog. Amtlichen Abschreibungstabellen geschafften werden.
- Die bisherige restriktive Fassung von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG für die Umsatzsteuerermäßigung von Zweckbetrieben soll entgegen dem Regierungsentwurf beibehalten werden.
- Der ermäßigte Umsatzsteuersatz für Restaurantumsätze soll über den 31.12.2023 hinaus unbefristet beibehalten und auf Getränkeleistungen in der Gastronomie ausgedehnt werden.
- Der Steuersatz für die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG soll nicht von 9 % auf 8,4 % verringert werden.
- Der Finanzausschuss des Bundesrats regt die Erweiterung der Umsatzsteuerbefreiung für Sport unter Ausschöpfung der Möglichkeiten an, die das Unionsrecht bietet.
- Der Regierungsentwurf des Wachstumschancengesetzes sieht zahlreiche Änderungen der AO vor. Dazu gibt es umfangreiche Änderungswünsche des Finanzausschusses des Bundesrats. Abgelehnt wird insbesondere die geplante Einführung einer Mitteilungspflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen.
- Weiteren Handlungsbedarf des Gesetzgebers sieht die Stellungnahme zur GrESt. vor (Anpassung an das MoPeG, Möglichkeit von Grunderwerbsteuerermäßigungen für zu Wohnzwecken genutzte Immobilien durch Landesgesetze, Freibetrag für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen).
- Angemahnt hat der Finanzausschuss des Bundesrats angesichts der hohen Inflationsraten die Anpassung gesetzlicher Betragsgrenzen: Erhöhung des GWG-Grenzbetrags von 1.000 € auf 2.000 €, Anhebung der Umsatzgrenze für Ist-Besteuerung von 800.000 € auf 1 Mio. €, Anhebung des Grenzbetrags für die monatliche Abgabe der Voranmeldung von 7.500 € auf 10.000 €, Anhebung der Umsatzgrenze für Buchführungspflicht von 800.000 € auf 1 Mio. €, Anhebung des Grenzbetrags für die Abzugsfähigkeit von Geschenken von 50 € auf 70 € sowie Verzicht auf Aufzeichnungspflichten für Zuwendungen bis 20 €. [kk]