Verwaltung „unselbstständiger Stiftungen“ durch einen gemeinnützigen Verein
Mit Urteil V R 13/22 vom 5.12.2024 hat der BFH sich mit der umsatzsteuerlichen Behandlung von ausgetauschten Verwaltungsleistungen zwischen einem gemeinnützigen Verein, verschiedenen Stiftern und von den Beteiligten als „unselbstständige Stiftungen“ bezeichneten Sondervermögen befasst.
Sachverhalt:
Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verein, der als Treuhänder u.a. von seinem übrigen Vermögen getrenntes „Stiftungsvermögen“ berät und verwaltet. Diese „Stiftungsvermögen“ bezeichnen die Beteiligten als „unselbstständige Stiftungen“. Hierzu schloss der Kläger mit Stiftern der „Stiftungsvermögen“ als „Treuhandvertrag“ oder „Schenkungen mit Auflage“ bezeichnete Verträge, die ergänzt wurden durch „Satzungen“, die den Verträgen als Anlagen beigefügt waren. Der Kläger sollte das von ihm für die Stifter verwaltete Stiftungsvermögen für die vom Stifter vorgegebenen gemeinnützigen Zwecke verwalten.
Für seine gemeinnützigen Aufgaben und für alle Leistungen, die bei der Verwaltung der „Stiftungsvermögen“ anfielen, durfte der Kläger laut Vertrag jährlich einen bestimmten „Stiftungsbeitrag“ aus den „Stiftungsvermögen“ entnehmen, mit dem die Verwaltungs- und Beratungsleistungen abgegolten werden sollten. Zudem erhielt der Kläger teilweise aus den Stiftungsvermögen Sach- und Personalkosten für Leistungen des Klägers an einzelne „unselbstständigen Stiftungen“.
Im Anschluss an eine beim Kläger durchgeführte Außenprüfung behandelte das Finanzamt die vom gemeinnützigen Verein aus den „unselbstständigen Stiftungsvermögen“ berechtigterweise entnommenen Kosten als umsatzsteuerpflichtigen Aufwendungsersatz für die Verwaltung der „Stiftungsvermögen“ und die Überlassung von Personal. Gegen diese Behandlung als steuerpflichtige Leistungen ging der Kläger mit Einspruch und Klage vor und war in erster Instanz vor dem FG Münster erfolgreich. Das FG war der Auffassung, zwischen dem gemeinnützigen Verein, den „unselbstständigen Stiftungen“ und den Stiftern sei es zu keinem umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch gekommen. Hiergegen richtet sich die Revision des Finanzamts.
Der BFH hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Entscheidungsgründe:
Der BFH teilt seine Prüfung in verschiedene mögliche Leistungsaustauschverhältnisse auf. Zum einen zwischen dem gemeinnützigen Verein und dem „unselbstständigen Stiftungsvermögen“; zum anderen zwischen dem gemeinnützigen Verein und den Stiftern.
Zunächst stellt er fest, dass kein Leistungsaustausch zwischen dem gemeinnützigen Verein und den von ihm verwalteten „Stiftungsvermögen“ vorliegt. Die „Stiftungsvermögen“ könnten keine Empfänger der von dem Kläger erbrachten Verwaltungs- und Beratungsleistungen sein. Dies werde auch durch den sich aus § 2 Abs. 1 Satz UStG ergebenden Grundsatz der Unternehmenseinheit bestätigt.
Allerdings stellt der BFH fest, dass der gemeinnützige Verein entgeltliche (Verwaltungs-)Leistungen außerhalb der Unternehmenseinheit an die Stifter erbracht haben könnte. Eine steuerbare Verwaltungsleistung in Bezug auf ein Sondervermögen, das zivilrechtlich im Eigentum des Verwalters steht, könne gegeben sein, wenn es als Sondervermögen besonderen Bindungen unterliegt, im Hinblick hierauf aber vom sonstigen Vermögen des Verwalters getrennt zu halten ist und der Verwalter für seine Leistung ein Entgelt erhält. Hier zeigt der BFH am Beispiel einer einzelnen Stiftung auf, dass ausschlaggebend für die Einordnung als steuerpflichtige Leistungen von den Treuhändern an die Stifter ist, ob diese neben der nicht steuerbaren, unentgeltlichen Vermögensübertragung von dem Stifter an den gemeinnützigen Verein als Treuhänder („Stiftungsgeschäft“) eine vertragliche Abrede (bspw. in Form eines entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag i.S. von § 675 BGB) geschlossen haben. Mit dem Abschluss eines entsprechenden Vertrags werde dem Stifter ein verbrauchsfähiger Vorteil (Verwaltung des Vermögens im Interesse des Stifters) zugewendet. Für die Bejahung eines verbrauchsfähigen Vorteils beim Leistungsempfänger sei es dabei unerheblich, ob dieser entgeltlich eigene oder fremde – im Streitfall gemeinnützige – Vermögensinteressen verfolgt.
Vor diesem Hintergrund konnte der BFH für einzelne Verträge eine steuerpflichtige Leistung bejahen, dies aber wegen fehlender Informationen in Bezug auf die vom Kläger verwalteten „Stiftungsvermögen“ insgesamt nicht abschließend entscheiden. Das FG Münster wird demnach im zweiten Rechtsgang die umsatzsteuerrechtlichen Leistungsaustauchbeziehungen zwischen dem gemeinnützigen Verein und den Stiftern in Bezug auf die einzelnen „Stiftungsvermögen“ abschließend und umfassend zu prüfen haben. Hierzu gibt der BFH dem FG noch verschiedene Hinweise mit auf den Weg.
Praxishinweis
Die Entscheidung des BFH ist für vergleichbare Stiftungsstrukturen – unabhängig davon, ob die Verwaltung der Sondervermögen durch einen gemeinnützigen Verein erfolgt – von großer Bedeutung und zu beachten. Gleichwohl ist sie wegen der zahlreichen vom V. Senat aufgezeigten, aber offengelassenen Fragen voraussichtlich nur der Auftakt von weiteren in der Zukunft liegenden Auseinandersetzungen. Die weitere Entwicklung – und insbesondere die Entscheidung des FG Münster im zweiten Rechtsgang – gilt es weiter zu beobachten; v.a. für bereits streitige Verfahren können hier neue Argumentationsmöglichkeiten liegen. Die Komplexität der Angelegenheit zeigt jedenfalls, dass bevor eine Struktur mit unselbstständigen, treuhänderisch verwalteten Stiftungsvermögen aufgesetzt wird, eine fundierte (steuer-)rechtliche Beratung unerlässlich und eine Absicherung gegenüber dem Finanzamt dringend anzuraten ist.
