Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art (BgA) gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG)
Der BFH hat in seiner Entscheidung V R 43/21 v. 29.8.2024 zur Zusammenfassung Betriebe gewerblicher Art (BgA) Stellung genommen. Im Kern erörtert die Entscheidung des BFH die Frage, ob die sog. Kettenzusammenfassung von BgA rechtlich zulässig ist, was der BFH verneint.
Sachverhalt:
Gegenstand des Verfahrens vor dem BFH war die Möglichkeit der Zusammenfassung verschiedener BgA einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (jPöR). Die jPöR unterhielt einen Betrieb zur Wasserversorgung und ein Freibad. Zusätzlich unterhielt die jPöR zwei Blockkraftheizwerke (BHKW), die während der Freibadsaison überwiegend der Wassererwärmung für das Freibad dienten. Die jPöR fasste zunächst den BgA „Blockheizkraftwerk“ mit dem BgA „Wasserversorgung“ nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 KStG als Versorgungsbetriebe zusammen. Anschließend vertrat sie die Auffassung, dieser zusammengefasste BgA seinerseits sei gem. § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 KStG mit dem BgA „Freibad“ zusammenzufassen, da auf Grund der Versorgung durch die BHKW eine wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung mit dem BgA „Versorgung“ bestünde. Dabei bestand eine wechselseitige technisch wirtschaftliche Verflechtung zwischen dem BgA Wasserversorgung und dem Freibad nach den Feststellungen des FG im erstinstanzlichen Verfahren nicht.
In Hinblick auf das BMF-Schreiben vom 12.11.2009 – IV C 7 – S 2706/08/10004, BStBl. 2009 I S. 1303, Tz. 5 f wurde das BMF durch Beschluss vom 31.1.2024 gemäß § 176 Abs. 2 AO zum Beitritt im Revisionsverfahren aufgefordert, vgl. dazu Strahl, NWB 2024 S. 703. Das BMF ging im Rahmen seiner bisherigen Verwaltungsauffassung davon aus, dass es für die Zusammenfassung ausreiche, wenn die Zusammenfassungsvoraussetzungen nur zwischen einem BgA und einem anderen BgA einer bereits wegen Gleichartigkeit zusammengefassten Gruppe besteht.
Entscheidungsgründe:
Die Zusammenfassung von BgA ist in § 4 Abs. 6 KStG geregelt. Ein BgA kann gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG mit einem oder mehreren anderen BgA zusammengefasst werden, wenn sie gleichartig sind (Nr. 1), zwischen ihnen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht (Nr. 2) oder BgA im Sinne des § 4 Abs. 3 KStG (Versorgungs-, Verkehrs- oder Hafenbetriebe) vorliegen (Nr. 3). Hierbei genügt es, wenn eine der Voraussetzung alternativ erfüllt wird.
Sollen mehrere BgA (mehr als zwei) zusammengefasst werden, müssen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 KStG nach der Entscheidung des BFH im Verhältnis aller BgA zueinander vorliegen. Damit ist nach der Entscheidung des BFH eine Kettenzusammenfassung, bei der die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 KStG nur im Verhältnis zu einem, nicht aber zu allen BgA vorliegen, nicht möglich. Der BFH begründet dies zunächst mit dem Wortlaut der Norm, die ausdrücklich auch auf die Zusammenfassung „mehrerer“ BgA abstellt, wobei jeweils auf den (einen) BgA iS. von § 4 Abs. 1 KStG Bezug genommen werde. Zudem spreche auch der Zweck der Vorschrift für eine solche Auslegung: § 4 Abs. 6 KStG normiere den Ausnahmetatbestand zu der geltenden Grundregel, dass jeder BgA für sich zu beurteilen wäre. Die Regelungen zum BgA dienen der Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen im Bereich der wirtschaftlichen Aktivitäten jPöR. Es sind daher nach Ansicht des BFH bei der Zusammenfassung mehrerer BgA im Verhältnis zu nur zweier keine Gründe ersichtlich, wegen derer teilweise auf die Erfüllung der in § 4 Abs. 6 KStG genannten Kriterien verzichtet werden könnte. Zuletzt sei auch aus den gesetzgeberischen Motiven nicht erkennbar, dass eine Kettenzusammenfassung gewollt gewesen wäre.
Praxishinweise:
Das Urteil des BFH wirbelt insoweit Staub auf, als dass es der bisherigen Verwaltungspraxis widerspricht und der sich oftmals günstig auswirkenden Kettenzusammenfassung von BgA eine Absage erteilt.
Nach der Beitrittsaufforderung an das BMF durch Beschluss v. 31.1.2024 war zunächst befürchtet worden, der BFH wolle eine organisatorische Verflechtung zur Voraussetzung der Zusammenfassung von BgA machen. Immerhin ist dies nach dem Urteil ausgeblieben; dies aber nur aus dem Grund, weil der BFH bereits aus anderen Gründen die Zusammenfassung der BgA gem. § 4 Abs. 6 KStG versagt, die für die Praxis nicht weniger unerfreulich sind, vgl. zur Kritik: Strahl, NWB 2024, Nr. 48, S. 3296. Es bleibt daher abzuwarten, ob das Urteil des BFH Anstoß genug für eine gesetzliche Änderung sein kann.