[1] Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG entfällt nach Satz 5 Nr. 2 dieser Regelung, soweit der Gewerbeertrag Gewinne aus der Aufdeckung stiller Reserven aus Grundbesitz enthält, der innerhalb von drei Jahren vor der Aufdeckung der stillen Reserven zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert in das Betriebsvermögen des aufdeckenden Gewerbebetriebs überführt oder übertragen worden ist, und soweit diese Gewinne auf bis zur Überführung oder Übertragung entstandene stille Reserven entfallen. Der BFH hat sich im Urt. I R 39/19 v. 27.10.2021 zur Berechnung der Dreijahresfrist im Fall der formwechselnden Umwandlung einer grundstücksverwaltenden KG in eine grundstücksverwaltende GmbH geäußert: Im Streitfall hat die GmbH innerhalb des gesetzlichen Rückwirkungszeitraums für den Formwechsel (der zum Buchwert erfolgte) Grundstücke veräußert, die bereits länger als drei Jahre zum Betriebsvermögen der umgewandelten KG gehörten. Der BFH entschied, in diesem Fall sei die Dreijahresfrist gewahrt, weil die Zugehörigkeit der Grundstücke zum Betriebsvermögen bei der KG der durch Formwechsel entstandenen GmbH gem. § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 über §§ 25, 23 UmwStG zuzurechnen waren. Dabei hat der BFH klargestellt, dass im Rahmen einer normspezifischen Auslegung der Begriffe „Überführung“ bzw. „Übertragung“ in § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG die Wertungen des § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 einzubeziehen sind.
Anm.: Grundsätzlich geht der BFH davon aus, dass ein Formwechsel iS von § 25 UmwStG, bei dem die Wirtschaftsgüter mit dem Buchwert oder einem Zwischenwert bewertet werden, ein Anwendungsfall von § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG ist, jedoch mit der Maßgabe, dass die Rechtsnachfolgerin gem. § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 in die Fußstapfen der umgewandelten Personengesellschaft tritt. [kk]
[2] Grundstücksveräußerungsgewinne sind nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht zu besteuern, soweit die Immobilie eigenen Wohnzwecken gedient hat. Die Vorschrift ist auch auf ein bautechnisch zu Wohnzwecken geeignetes „Gartenhaus“ anwendbar, das in einem Kleingartengelände belegen ist und rechtswidrig dauerhaft zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde, BFH-Urt. IX R 5/21 v. 26.10.2021.
Anm.: Die Entscheidung ist deshalb allgemein interessant, weil sie sich ausführlich mit dem Tatbestandsmerkmal „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ iS des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG auseinandersetzt. [kk]
[3] Der BFH hat die zeitanteilige Gewährung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende nach § 24b EStG sowohl für das Trennungsjahr als auch für das Jahr der Eheschließung anerkannt, wenn die übrigen Voraussetzungen des § 24b EStG – insbesondere, dass keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen, in § 24b Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 EStG nicht genannten Person besteht – vorliegen: (a) Mit Urt. III R 17/20 v. 28.10.2021 wurde dies für Ehegatten, die nach §§ 26, 26a EStG einzeln zur ESt. veranlagt werden, für das Trennungsjahr entschieden. (b) Das Urt. III R 57/20 v. 28.10.2021 betrifft das Jahr der Eheschließung und gesteht den Ehegatten den Entlastungsbetrag zeitanteilig zu, wenn sie nach §§ 26, 26b EStG zusammen zur ESt. veranlagt werden. [kk]
[4] Gegenstand des BFH-Urt. VI R 22/19 v. 4.11.2021 ist die Frage, ob der von einer Schweizer AG an die deutsche 100 %ige Tochtergesellschaft (der Klägerin) entsandte, in der Schweiz wohnhafte und sowohl für die AG als auch die Klägerin tätige Geschäftsführer lohnsteuerrechtlich Arbeitnehmer der deutschen Gesellschaft geworden ist, wie es das FA und das FG angenommen hatten. Die Tätigkeit des entsandten Geschäftsführers erfolgte auf der Basis einer Dienstleistungsvereinbarung der Klägerin mit der AG. Für die Geschäftsführungsleistungen zahlte die Klägerin vereinbarungsgemäß eine an den Selbstkosten orientierte Vergütung an die AG. Eine unmittelbare vertragliche Vereinbarung (etwa ein Dienstvertrag) zwischen der Klägerin und dem entliehenen Geschäftsführer bestand nicht. Der BFH hat die Entscheidung des FG aufgehoben und die Sache zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen. Für die Entscheidung im zweiten Rechtsgang ist, wie sich aus den zur Entscheidung gebildeten Leitsätzen ergibt, zu beachten: (a) Im Fall einer konzerninternen internationalen Arbeitnehmerentsendung wird das aufnehmende inländische Unternehmen zum wirtschaftlichen Arbeitgeber iS des § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG, wenn es den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt, der Einsatz des Arbeitnehmers beim aufnehmenden Unternehmen in dessen Interesse erfolgt, der Arbeitnehmer in den Arbeitsablauf des aufnehmenden Unternehmens eingebunden und dessen Weisungen unterworfen ist. (b) Das wirtschaftliche Tragen des Arbeitslohns ersetzt in den Fällen des § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG die für den zivilrechtlichen Arbeitgeberbegriff erforderliche arbeits- bzw. dienstvertragliche Bindung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, auf der die Zahlung des lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohns (zivilrechtlich) im Regelfall beruht. Voraussetzung für die Entstehung eines steuerlichen Arbeitsverhältnisses ist jedoch, dass die entsandte Person nach allgemeinen Grundsätzen als Arbeitnehmer des wirtschaftlichen Arbeitgebers anzusehen ist.
Anm.: Zu den zahlreichen nachzuholenden Tatsachenfeststellungen gehört, was bemerkenswert ist, die etwaige Beteiligungsquote des entsandten Geschäftsführers bei der entsendenden AG, denn die Beteiligungsquote kann nach Auffassung des BFH im Rahmen der steuerlichen Beurteilung „zumindest als Indiz für eine selbständige Tätigkeit herangezogen werden …“, Rz. 36 der Urteilsbegründung. [kk]
[5] Ein Sportverein nutzte für seine Aktivitäten eine Sportanlage, die im Eigentum der Gemeinde stand und die die Gemeinde ihm kostenlos langfristig zur Nutzung überlassen hatte. Außerdem zahlte die Gemeinde vereinbarungsgemäß Zuschüsse zu verschiedenen Kosten für die Unterhaltung und Pflege der Sportanlage. Weil mit diesen Zuschüssen keine konkreten Gegenleistungen verbunden waren, sondern sie lediglich das Wirken des Sportvereins unterstützten, waren sie nach dem Urt. des BFH V R 17/20 v. 18.11.2021 nicht umsatzsteuerbare (sog. echte) Zuschüsse. Allerdings wurde die Sache zurückverwiesen, weil zu prüfen ist, ob die Vorsteuer aus den Leistungsbezügen für die bezuschussten Instandhaltungs- und Pflegeleistungen nach § 15 UStG abziehbar ist. Das ist nach dem Urt. des BFH nur der Fall, soweit die Leistungsbezüge in hinreichend konkretem Zusammenhang mit steuerpflichtigen Leistungen des Sportvereins standen. [kk]
[6] Der Kläger erwarb im Rahmen eines von ihm angemeldeten Gewerbes für einen Internethandel mit Waren aller Art die Spielberechtigung an einem Computerspiel, das ein in den USA ansässiger Spielbetreiber auf dort befindlichen Servern durchführte. Bei dem Spielprogramm handelt es sich um eine „Online-3D-Welt-Simulation“. Die Nutzer können das computergenerierte virtuelle Abbild der realen Welt mit ihren Spielfiguren („Avataren“) erkunden und durchlaufen, darin Inhalte erstellen sowie mit den Avataren anderer Nutzer sozial interagieren. Dabei können die Nutzer Details der virtuellen Umgebung selbst erstellen und innerhalb der virtuellen Welt gegen Zahlung virtueller „C-Dollar“ an andere Nutzer „verkaufen“ oder „vermieten“. Über ein Portal des Spielebetreibers können unter bestimmten Voraussetzungen erlangte Spielgelder (C-Dollar) in echte Dollar umgetauscht werden. Der BFH hat entschieden, dass das Agieren innerhalb des Computerspiels (zB die „Vermietung“ von Land an andere Spielteilnehmer gegen C-Dollar) mangels Leistungsaustauschs nicht umsatzsteuerbar ist, jedoch die Veräußerung von Spielgeld gegen reale Dollar ein Leistungsaustausch sein kann. Dieser war im Streitfall jedoch nicht umsatzsteuerbar, weil der Spielebetreiber als Geschäftspartner des Spielteilnehmers im Ausland als Kommissionär tätig ist und deshalb die Leistungen des inländischen Spieleteilnehmers umsatzsteuerrechtlich als Auslandsleistungen nicht umsatzsteuerbar waren, BFH-Urt. V R 38/19 v. 18.11.2021. [kk]