[1] Am 17.11.2023 verabschiedet der Bundestag in zweiter und dritter Lesung das Wachstumschancengesetz. Dessen Fassung in der BT-Drucks. 20/8628 wird jedoch noch zahlreiche Änderungen aufgrund von Vorschlägen des Finanzausschusses erfahren (BT-Drucks. 20/9341 v. 15.11.2023), insbesondere diese:
- Die vorgesehene Klimaschutz-Investitionsprämie soll auch für Investitionen in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem EWR-Staat sowie der Schweiz gewährt werden. Der Förderzeitraum soll nicht schon nach dem 31.12.2023 beginnen, sondern erst nach dem 29.2.2024.
- Die im Gesetzentwurf bei der Zinsschranke in § 4h EStG vorgesehene Anti-Fragmentierungsregelung, die es Unternehmensgruppen versperren sollte, die 3 Mio.-Freigrenze für jährliche Zinsaufwendungen mehrfach auszuschöpfen, soll entfallen.
- Entsprechend den Anregungen des Bundesrats entfällt die vorgesehene Zinshöhenschranke nach § 4l EStG-Regierungsentw. Stattdessen sollen die vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen in § 1 AStG erfolgen.
- Die vorgesehene Obergrenze für die Verringerung der Nutzungswertbesteuerung bei Elektro-Pkw soll nicht 80.000 €, sondern 70.000 € betragen.
- Die Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubauten gem. § 7b EStG erfährt Erweiterungen in zeitlicher Hinsicht (begünstigt sind Baumaßnahmen, die nach dem 31.12.2022 und vor dem 1.10.2029 beantragt werden). Außerdem sind folgende Verbesserungen vorgesehen: Anhebung der Grenze für Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf 5.200 € je qm Wohnfläche. In diesen Fällen kann die Sonderabschreibung bis zur Höhe von 4.000 € je qm Wohnfläche geltend gemacht werden (bislang nur 2.500 €).
- Die Pauschale für Berufskraftfahrer nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5b Satz 2 EStG soll ab 1.1.2024 von 8 € auf 9 € erhöht werden.
- Die Verflegungspauschalen nach § 9 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1, 2, 3 EStG sollen ab 1.1.2024 auf 32 € (bisher 28 €) bzw. 16 € (bisher 14 €) erhöht werden.
- Die Verlustrücktragsgrenze von 10 Mio. € bzw. 20 Mio. € gilt noch für die VZ 2024 und 2025, soll aber erstmals ab dem VZ 2026 auf 5/10 Mio. € abgesenkt werden. Beim Verlustvortrag soll der über den Sockelbetrag hinausgehende Verlustabzug bis zu 75 % (nicht bis zu 80 %) der verbleibenden Einkünfte eröffnet werden.
- Die Steuerermäßigung nach § 35c EStG für energetische Gebäudesanierung soll für Maßnahmen erweitert werden, mit denen nach dem 31.12.2023 begonnen wird und die vor dem 1.1.2026 abgeschlossen werden. Die Steuerermäßigung soll auf jährlich 10 % der Aufwendungen erhöht werden (insgesamt somit 30 %, höchstens aber – wie bislang – 14.000 € im ersten und zweiten Kj. und 12.000 € im dritten).
- Personengesellschaften schlechthin sollen nur dann in die Körperschaftsteueroption nach § 1a KStG einbezogen werden, wenn es sich um „eingetragene Gesellschaften bürgerlichen Rechts“ handelt.
- Für den Übergang der Pflicht zur elektronischen Rechnungserstellung im Umsatzsteuerrecht sollen die Übergangsregelungen zeitlich erweitert werden.
- Die Umsatzsteuerermäßigung für die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz und Wärme über ein Wärmenetz soll bereits zum 29.2.2024 auslaufen (bisher war es der 31.3.2024).
- Die bisherige Grunderwerbsteuerbefreiung in §§ 5 bis 7 GrEStG soll ausdrücklich noch bis zum Ablauf des 31.12.2024 anwendbar sein. Für die Zeit danach soll eine neue gesetzliche Regelung geschaffen werden.
- Mit einer Änderung von § 7 Abs. 9 ErbStG soll – zur Bekämpfung eines Steuermodells – als Schenkung auch die Werterhöhung einer Beteiligung eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA gelten, die eine an der Gesellschaft beteiligte Person oder Stiftung durch die Leistung einer anderen Person an die Gesellschaft erlangt. [kk]
[2] Der Regierungsentwurf zum Zukunftsfinanzierungsgesetz, dessen Verabschiedung im Bundestag am 17.11.2023 erfolgt, wird durch Übernahme von Beschlussempfehlungen des Finanzausschusses noch in einigen Punkten geändert, vgl. BT-Drucks. 20/9363 v. 15.11.2023. Das betrifft folgende einkommensteuerliche Vorschriften:
- Der Freibetrag nach § 3 Nr. 39 EStG für Vermögensbeteiligungen der Arbeitnehmer am Unternehmen des Arbeitgebers soll entsprechend den Vorstellungen des Bundesrats nicht auf 5.000 €, sondern nur auf 2.000 € erhöht werden und auf Entgeltsumwandlungen anwendbar sein. Auf die bisher im Gesetzentwurf vorgesehene dreijährige Haltefrist der Vermögensbeteiligung wird verzichtet.
- Bei der nachgelagerten Besteuerung gem. § 19a EStG für Vermögensbeteiligungen der Arbeitnehmer sollen folgende Punkte geändert werden: (a) Es soll keine Konzernklausel eingeführt werden. (b) Durch Ergänzung des § 19a EStG wird sichergestellt, dass das Gesetzesziel auch bei der Übertragung vinkulierter Anteile erreicht wird. (c) Bisher fand die Besteuerung spätestens 12 Jahre nach der Gewährung der Anteile statt, im Regierungsentwurf waren 20 Jahre vorgesehen, und der Vorschlag des Finanzausschusses sieht 15 Jahre vor. [kk]
[3] Nach gefestigter Rspr. ist bei einer auf Dauer angelegten Wohnungsvermietung von der typisierten Annahme der Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen. Für bestimmte Fallgruppen macht die Rspr. jedoch Ausnahmen, die es erfordern, in jenen Fällen die Einkünfteerzielungsabsicht durch eine Totaleinkünfteprognose glaubhaft zu machen. Dazu gehören besonders aufwändig gestaltete Wohnungen. Dies hat der BFH mit Urt. IX R 17/21 v. 20.6.2023 dahingehend konkretisiert, dass zu diesen Wohnungen stets solche mit einer Grundfläche von mehr als 250 qm gehören, für die also – wenn Verluste erzielt werden – die Totaleinkünfteprognose für einen Zeitraum von 30 Jahren aufzustellen ist. Ohne Bedeutung ist für die Beurteilung – wie das Urt. klarstellt – die Regelung in § 21 Abs. 2 EStG mit der Festlegung von Grenzen für die Beurteilung, inwieweit die Nutzungsüberlassung entgeltlich bzw. unentgeltlich erfolgt und eine Aufteilung in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil erforderlich wird.
Anm.: Im Streitfall vermieteten die Eltern (Kläger) in den Streitjahren 2011 bis 2014 drei Einfamilienhäuser mit Wohnflächen zwischen 290,50 qm und 331 qm jeweils an eine Tochter bzw. einen Sohn und deren Ehegatten. Infolge der Fremdfinanzierung der Anschaffungskosten für die Objekte entstand ein Werbungskostenüberschuss, um dessen Anerkennung gestritten wurde. Das FG hatte die Einkünfteerzielungsabsicht nicht anerkannt. Der BFH hat die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, weil die Einkünfteprognose des FG nicht fehlerfrei war. Für den zweiten Rechtsgang hat der BFH darauf hingewiesen, dass die Einkünfteprognose ex ante jeweils nach den Verhältnissen zum Ende des VZ zu erfolgen hat und dabei zu berücksichtigen ist, inwieweit sich eine Änderung der künftigen Verhältnisse abzeichnet (zB durch absehbare Mieterhöhung, uE auch durch auslaufende Fremdfinanzierung). [kk]
[4] Mit Schr. IV C 5 – S 2342/19/10007 :009 v. 7.11.2023 hat das BMF Ziff. 8 des Schr. v. 15.8.2019, BStBl. 2019 I, 875, ergänzt: Wird eine Fahrberechtigung für den öffentlichen Personennahverkehr auch für die Nutzung bestimmter Fernzüge freigegeben, liegt weiterhin eine Fahrt im öffentlichen Personennahverkehr iS des § 3 Nr. 15 EStG vor. Hierunter fällt insbes. die Freigabe des Deutschland-Tickets für bestimmte IC/ICE-Verbindungen. [kk]
[5] Wenn ein Arbeitnehmer seinem für LSt. und KiSt. haftenden Arbeitgeber im Rahmen eines Gesamtschuldnerausgleichs die für ihn an das FA im Rahmen der Haftung nach § 42d EStG gezahlte Lohnkirchensteuer erstattet, handelt es sich für den Arbeitnehmer nicht um Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, da es am erforderlichen objektiven Zusammenhang mit dem Beruf fehlt. Die geleistete Erstattung der KiSt. ist jedoch als Sonderausgabe nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG abziehbar, Urt. des BFH X R 16/21 v. 23.8.2023. [kk]