[1] Das Jahressteuergesetz 2022 (BT-Drucks. 20/3879 v. 10.10.2022) ist vom Bundestag am 14.10.2022 erstmals beraten und an den federführenden Finanzausschuss überwiesen worden. Der Gesetzentwurf stand auf der Tagesordnung des Bundesrats für die Sitzung am 28.10.2022. Der Bundesrat hat – der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses folgend – umfassend zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen und äußerst zahlreiche und teilweise bedeutsame Änderungs- und Ergänzungswünsche geltend gemacht, BR-Drucks. 457/22 (Beschluss) v. 28.10.2022. Es bleibt abzuwarten, inwieweit diese Eingang in das Gesetz finden. [kk]
[2] Das Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz v. 19.10.2022, BGBl. 2022 I, 1743, ist am 25.10.2022 verkündet worden. Art. 1 enthält als § 28 Abs. 5 und 6 UStG die Einführung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes von 7 % gem. § 12 Abs. 2 UStG für Lieferungen von Erdgas und Wärme über das Erdgasnetz bzw. Wärmenetz in der Zeit v. 1.10.2022 bis 31.3.2024. Außerdem sieht Art. 2 des Gesetzentwurfs die Einkommensteuer-
befreiung nach § 3 Nr. 11c EStG für Zuschüsse und Sachbezüge bis 3.000 € vor, die Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise gewähren. Die Steuerbefreiung gilt für Arbeitslohn, der in der Zeit v. 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 gewährt wird. Die steuerfrei gewährten Leistungen sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-VO sozialversicherungsfrei (Art. 3 des Gesetzes); zur Praktizierung der temporären Herabsetzung des Umsatzsteuersatzes hat bereits die FinVerw. mit BMF-Schr. III C 2 – S 7030/22/10016:005 v. 25.10.2022 Stellung genommen. [kk]
[3] Das Achte Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen ist unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlungen des Finanzausschusses (BT-Drucks. 20/2247 v. 15.6.2022, 20/2590 v. 21.9.2022) vom Bundestag und Bundesrat verabschiedet worden. Das Gesetz sieht in Art. 2 umfangreiche Änderungen des Biersteuergesetzes, außerdem Änderungen des Tabaksteuergesetzes, des Schaumwein- und Zwischenerzeugnisgesetzes, des Kaffeesteuergesetzes und des Alkoholsteuergesetzes vor. Hervorgehoben sei, dass folgende Änderungen des UStG in Art. 12 des Gesetzes aufgenommen worden sind:
- Verlängerung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG für die Gastronomie um ein Jahr bis zum 31.12.2023;
- Verlängerung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG für die Gastronomie um ein Jahr bis zum 31.12.2023;
[4] Der Bundestag hat am 20.10.2022 und der Bundesrat am 28.10.2022 das Gesetz zur Zahlung einer Energiepauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende und zur Erweiterung des Übergangsbereichs (BT-Drucks. 20/3938 v. 11.10.2022, BR-Drucks. 523/22 [Beschluss] v. 28.10.2022) angenommen. Der Übergangsbereich betrifft die sog. Midijobs; damit soll der Übergangsbereich von Minijobs zu Regelarbeitsverhältnissen (von neuerdings 520 €) ab 1.1.2023 von 1.600 € auf 2.000 € angehoben werden. In diese Arbeitslohnzone fallen die Sozialversicherungsabgaben – je nach Verdiensthöhe – gestaffelt nur in Höhe von 11 % bis 21 % an. [kk]
[5] Das Inflationsausgleichsgesetz, dessen 1. Lesung im Bundestag bereits stattgefunden hat (s. kösdi 2022, 22914, Report Nr. 405), war Gegenstand der Sitzung des Bundesrats am 28.10.2022. Der Bundesrat hat – den Empfehlungen der Ausschüsse folgend – zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen. Es geht dabei hauptsächlich um die Finanzierung durch den Bund und die Länder, aber auch eine Kindergelderhöhung ab dem vierten Kind, BR-Drucks. 458/22 (Beschluss) v. 28.10.2022. Im politischen Raum wird eine weitere Erhöhung des Grund- und Kinderfreibetrags diskutiert, FAZ Nr. 251 v. 28.10.2022, 17. [kk]
[6] Der Bundestag hat am 20.10.2022 das Gesetz zur Abschaffung des Güterrechtsregisters in Gestalt der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses beschlossen (BT-Drucks. 20/2730 v. 12.7.2022; BT-Drucks. 20/4087 v. 19.10.2022) und damit eine vom Rechtsausschuss angeregte Änderung des Insolvenzrechts. Geändert wird das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz, das nunmehr „Gesetz zur vorübergehenden Anpassung sanierungs- und insolvenzrechtlicher Vorschriften zur Abmilderung von Krisenfolgen“ heißt (SanInsKG) und für die Zeit bis zum 31.12.2023 u.a. dies vorsieht: Der Prognosezeitraum für die Überschuldungsprüfung verringert sich von zwölf auf vier Monate und der Planungszeitraum für Eigenverwaltungs- und Restrukturierungsplanungen von sechs auf vier Monate. Die Höchstfrist für die Insolvenzantragstellung wird von sechs auf acht Wochen hochgesetzt. [kk]
[7] Als Grundsatzentscheidung lässt sich das Urt. des BFH IV R 42/19 v. 30.6.2022 zur sog. gewerblichen Seitwärtsabfärbung vermögensverwaltender Personengesellschaften durch Verluste aus (geringfügigen) gewerblichen Tätigkeiten bezeichnen. Im Streitfall ist die Seitwärtsabfärbung durch eine – im Streitjahr verlusterzielende – Photovoltaikanlage auf einer vermieteten Immobilie entstanden. Der BFH hat entschieden: (a) Die Bagatellgrenze (3 %, 24.500 €) ist bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften ebenso anzuwenden wie bei Freiberuflergesellschaften. Die Beurteilung erfolgt nach den Verhältnissen im jeweiligen VZ, nicht unter Berücksichtigung veranlagungszeitraumübergreifender Entwicklungen der Verhältnisse. (b) Die Anwendung der Bagatellgrenze wird durch die Regelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 Alternative 1 EStG i.d.F. des WElektroMobFördG nicht berührt. Die rückwirkende Anwendung dieser gesetzlichen Regelung, der zufolge auch Verluste aus gewerblicher Tätigkeit abfärben, ist verfassungsrechtlich unbedenklich, weil die anderweitige Beurteilung durch das Urt. IV R 5/15 v. 12.4.2018, BStBl. 2020 II, 118, keinen Vertrauensschutz für Altfälle begründet hat (es handelt sich um eine Rspr., die nicht vorhersehbar war).
Anm.: Die gewerbliche Abfärbung entfällt, wenn sich konkludent eine zweite Personengesellschaft gebildet hat, die die gewerbliche Tätigkeit auf ihre Rechnung ausführt. Die Voraussetzungen dafür waren nach dem Verständnis des BFH im Streitfall nicht gegeben. – Zur Frage, ob die Seitwärtsabfärbung durch verlustbringende gewerbliche Betätigungen auch dann entfällt, wenn dafür die Gewinnerzielungsabsicht fehlt, hat sich der BFH nicht geäußert. [kk]