BFH: Parkhaus als erbschaftsteuerrechtlich nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen
Der BFH hat durch Urteil vom 28.2.2024 (II R 27/21) neue Grundsätze zur Einordnung von Verwaltungsvermögen in Form von Dritten zur Nutzung überlassenen Grundstücken aufgestellt. Nach dem Urteil des BFH führt jede Form der Grundstücksüberlassung an Dritte, sofern keine der gesetzlich in § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 ErbStG normierten Rückausnahmen vorliegt, zur Annahme von Verwaltungsvermögen.
Sachverhalt:
Der Kläger war Alleinerbe seines Vaters. Zum Nachlass gehörte u.a. ein Grundstück mit aufstehendem Parkhaus und Tankstelle. Der Erblasser hatte das Parkhaus ursprünglich selber betrieben, seit einigen Jahren jedoch im Rahmen einer ertragsteuerlichen Betriebsverpachtung im Ganzen an den Sohn verpachtet. Der Kläger erachtete das Grundstück als nicht dem erbschaftsteuerlich nicht begünstigten Verwaltungsvermögen zugehörig. Er berief sich hierbei auf eine Verwaltungsanweisung der Finanzverwaltung in R E 13b. 13 Satz 3 ErbStR. Die Finanzverwaltung vertritt hiernach die Auffassung, dass in Fällen, in denen neben der Überlassung von Grundstücksteilen weitere gewerbliche Leistungen in Anspruch genommen werden, kein Verwaltungsvermögen vorliegt, wenn die Tätigkeit nach ertragsteuerlichen Gesichtspunkten insgesamt als originär gewerbliche Tätigkeit einzustufen ist. Beispielhaft führt die Finanzverwaltung Beherbergungsbetriebe wie Hotels, Pensionen oder Campingplätzen auf. Der Kläger war der Rechtsansicht, dass diese Ausnahmeregelung auch für ihn gelte und das mit dem Parkhaus bebaute Grundstück demgemäß gleichermaßen nicht dem Verwaltungsvermögen zuzuordnen wäre. Die Finanzverwaltung hingegen wandte die in der Richtlinie normierte Ausnahmeregelung nicht an und ordnete das Grundstück dem nicht begünstigten Verwaltungsvermögen zu. Erstinstanzlich folgte das FG Köln der von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung, was der BFH nun ebenfalls bestätigte.
Entscheidungsgründe:
Zum erbschaftsteuerlich nicht begünstigten Verwaltungsvermögen gehören gem. § 13b Abs. 4 Nr. 1 ErbStG Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstückseile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten. § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 ErbStG regelt, wann eine Nutzungsüberlassung an Dritte nicht anzunehmen ist. Dies gilt u.a. in Fällen der sog. Betriebsaufspaltung (Buchst. a.)), aber auch in Fällen der Betriebsverpachtung im Ganzen (Buchst. b.)), worauf der Kläger sich berief. Der Streitfall entschied sich nunmehr an der Regelung in § 13b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 ErbStG, die eine Rück-Rückausnahme hiervon vorsieht. Demnach liegt wiederum Verwaltungsvermögen auch in Fällen der Betriebsaufspaltung oder Betriebsverpachtung im Ganzen vor, soweit Betriebe vor ihrer Verpachtung die Voraussetzungen als begünstigtes Vermögen nicht erfüllt haben und für verpachtete Betriebe, deren Hauptzweck in der Überlassung von Grundstücken, Grundstücksteilen, grundstücksgleichen Rechten und Bauten an Dritte zur Nutzung besteht. Daher war durch den BFH zu entscheiden, ob das Grundstück vor seiner Verpachtung als Verwaltungsvermögen zu qualifizieren war. Dies hat der BFH im Ergebnis bejaht:
Das Parkhaus Grundstück war dem Sohn (einem Dritten) zur Nutzung überlassen und erfüllte damit grundsätzlich den Tatbestand des § 13b Abs. 4 Satz 1 ErbStG. Soweit die Finanzverwaltung in Fällen gewerblicher Vermietung (z.B. Hotels) in R E 13b.13 ErbStR eine Ausnahme hiervon vorsieht, findet dies nach Ansicht des BFH keine Stütze in der gesetzlichen Regelung. Der Gesetzeswortlaut unterscheide nicht nach der Kurz- oder Langfristigkeit der Vermietung und sei darüber hinaus auch keiner, zu einem anderen Ergebnis führenden Auslegung zugänglich.
Praxishinweis:
Da die Rückausnahme in § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 ErbStG Bezug auf den Grundfall nimmt, kommt der Entscheidung des BFH über den entschiedenen Einzelfall hinaus eine enorme Breitenwirkung zu, die sich erheblich auf Fälle der Unternehmensnachfolge auswirken könnte. Sie wirkt sich gerade nicht nur auf den entschiedenen Fall der Parkplatzvermietung, sondern auch auf Beherbergungsbetriebe wie Hotels, Pensionen und Campingplätze, Coworking spaces u.a. aus. Der BFH entkoppelt die Frage des nicht begünstigten Verwaltungsvermögens allgemein von der ertragsteuerlichen Qualifizierung der Vermietung oder Verpachtung als gewerblich oder vermögensverwaltend. Da der BFH somit ausdrücklich der bisherigen Verwaltungspraxis in R E 13b.13 Satz 3 ErbStR entgegentritt, bleibt die Reaktion der Finanzverwaltung hierauf abzuwarten. Bislang ist eine Veröffentlichung im Bundessteuerblatt, die eine allgemeine Anwendung der Urteilsgrundsätze und Aufgabe der bisherigen Verwaltungsauffassung bedeuten würde, nicht erfolgt. Ein Nichtanwendungserlass liegt bisweilen allerdings ebenso nicht vor. Die enge Wortlautauslegung der Norm in Verbindung mit der Stichtagsbezogenheit der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer lässt die Frage aufkommen, ob die Problematik nicht dadurch umgangen werden kann, dass das Grundstück zum Bewertungsstichtag nicht Dritten zur Nutzung überlassen wird (kurzfristige Unterbrechung der Überlassung). Dies mag zwar ein Ansatz sein, jedoch sieht sich dieser massiv der Gefahr des Missbrauchs steuerrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO) ausgesetzt. Wer in Hinblick auf die Frage des Vorliegens von Verwaltungsvermögen momentan Rechtssicherheit wünscht, wird nicht um die Einholung einer verbindlichen Auskunft umhinkommen.