Steuerbegünstigung nach § 6a GrEStG bei Ausgliederung eines Einzelunternehmens auf eine neu gegründete Kapitalgesellschaft
Der BFH hat mit Urteil v. 25.9.2024 (Az.: II R 2/22) entschieden, dass die Ausgliederung eines Einzelunternehmens auf eine zu diesem Zweck neu gegründete Kapitalgesellschaft nach § 6a GrEStG steuerbegünstigt sein kann.
Sachverhalt:
Ein Einzelunternehmen wurde als Ganzes – mitsamt eines sich im Betriebsvermögen befindenden Grundstücks – im Wege der Ausgliederung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG auf die mit Gesellschaftsvertrag vom selben Tag neu gegründete GmbH übertragen, sog. Ausgliederung zur Neugründung nach § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG. Die Einzelunternehmerin wurde zur Alleingesellschafterin der GmbH. Das Finanzamt setzte gegenüber der GmbH Grunderwerbsteuer fest. Die GmbH berief sich auf die Steuerbegünstigung in § 6a GrEStG.
Steuerbegünstigung nach § 6a GrEStG:
Nach § 6a Satz 1 Halbsatz 1 GrEStG wird für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, Abs. 2, 2a, 3 oder Abs. 3a GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG die Steuer nicht erhoben. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG betrifft die Verschmelzung, § 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG die Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung und § 1 Abs. 1 Nr. 3 UmwG die Vermögensübertragung.
Die Nichterhebung der Steuer setzt weiter voraus, dass an dem Umwandlungsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind (§ 6a Satz 3 GrEStG). Im Sinne von Satz 3 abhängig ist eine Gesellschaft, an deren Kapital oder Gesellschaftsvermögen das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95 % ununterbrochen beteiligt ist (§ 6a Satz 4 GrEStG).
Entscheidung des BFH:
Der BFH entschied, dass die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG erfüllt sind. Bei der Ausgliederung eines Einzelunternehmens zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft nach § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG handele es sich um einen Umwandlungsvorgang im Sinne des § 6a Satz 1 GrEStG. Das Argument des Finanzamts, dass – wie in der Überschrift zum § 6a GrEStG vorgesehen – kein Konzernsachverhalt vorliege, ließ der BFH nicht gelten. Dem Wortlaut der Norm lasse sich keine Einschränkung auf bestimmte Verschmelzungsvorgänge (in einem Konzern) entnehmen.
An dem Umwandlungsvorgang seien ferner – wie § 6a Satz 3 GrEStG voraussetzt – das Einzelunternehmen bzw. die Einzelunternehmerin als herrschendes Unternehmen und die GmbH als abhängige Gesellschaft beteiligt gewesen. Unerheblich für die Anwendung des § 6a GrEStG sei der Umstand, dass das Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Einzelunternehmen und – nach dessen Erlöschen – zwischen der GmbH und ihrer Alleingesellschafterin erst durch den Umwandlungsvorgang begründet wurde. Die in § 6a Satz 4 GrEStG geregelte Vorbehaltensfrist müsse nur insoweit eingehalten werden, als sie überhaupt auch erfüllt werden kann. Das sei bei einer Ausgliederung zur Neugründung nicht der Fall.
Abschließend weist der BFH darauf hin, dass § 6a Satz 4 GrEStG dahingehend auszulegen sei, dass eine Nachbehaltensfrist umwandlungsbedingt insoweit eingehalten werden müsse, als der nach Erlöschen des Einzelunternehmens als Alleingesellschafter an der Kapitalgesellschaft beteiligte (frühere) Einzelkaufmann diese Beteiligung in Höhe von mindestens 95 % über weitere fünf Jahre halten muss.
Einordnung:
Die Entscheidung ist angesichts der BFH-Rechtsprechung zu § 6a GrEStG wenig überraschend, bringt aber dennoch Rechtssicherheit für die Beratungspraxis.
Im Jahr 2019 hatte der BFH in gleich sieben Entscheidungen zur Anwendungsreichweite der grunderwerbsteuerlichen Konzernbefreiung in § 6a GrEStG Stellung bezogen und die Konzernklausel dabei überwiegend zugunsten des Steuerpflichtigen ausgelegt, vgl. Broemel, DStR 2021, 2953 mwN. Für den umgekehrten Fall einer Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf ihren Alleingesellschafter ist der BFH in einer dieser sieben Entscheidungen ebenfalls von der Steuerbegünstigung nach § 6a GrEStG ausgegangen, vgl. BFH-Urt. II R 15/19 v. 21.8.2019, BStBl. 2020 II, 329.
Dennoch war die Finanzverwaltung – ohne nähere Begründung – davon ausgegangen, dass in Fällen der Ausgliederung bzw. Aufnahme eines Einzelunternehmens auf eine neu zu gründende Kapitalgesellschaft die Steuervergünstigung in § 6a GrEStG nicht einschlägig sei, vgl. Oberste Finanzbehörden der Länder GLE S 4514, S 4518 v. 25.5.2023, BStBl. 2023 I, 995, Tz. 2.1. Die Auffassung der Finanzverwaltung wird angesichts der Entscheidung des BFH nicht weiter haltbar sein.
Nach der Ausgliederung zur Neugründung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft unter Anwendung der Steuerbegünstigung von § 6a GrEStG sollte auf die Einhaltung der fünfjährigen Nachbehaltensfrist geachtet werden, auf die der BFH in der Besprechungsentscheidung hingewiesen hat. Ansonsten entfällt die Steuerbegünstigung rückwirkend.

Verfasst von:
Jacob Eisenreich
Wissenschaftlicher Mitarbeiter