Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten bei Zahlung aus einer Sterbegeldversicherung
Der Erbe hat die Kosten der Beerdigung des Erblassers nach § 1968 BGB zu tragen. In der Erbschaftsteuer wird diese Verpflichtung dadurch berücksichtigt, dass nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG die Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten von dem Erwerb abgezogen werden können. Aus Gründen der Vereinfachung ist es nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG möglich, die in § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG aufgeführten Kosten ohne weiteren Nachweis in Höhe eines Pauschbetrags von 10.300 € abzuziehen. Übersteigen die Kosten den Pauschbetrag, kann der Steuerpflichtige darüber hinaus die gesamten Kosten als Nachlassverbindlichkeit vom Nachlasswert abziehen.
Der BFH hat sich in der jüngst veröffentlichten Entscheidung II R 31/21 vom 10.7.2024 mit der Frage befasst, ob auch die von einer Sterbegeldversicherung bezahlten Kosten als Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG zu berücksichtigen sind und hat dies bejaht.
Sachverhalt:
Der Kläger und seine Schwester beerbten ihre im Jahr 2019 verstorbene Tante (Erblasserin). Die Erblasserin hatte eine sog. Sterbegeldversicherung abgeschlossen und das Bezugsrecht für die Versicherungssumme zu Lebzeiten an ein Bestattungsunternehmen zur Deckung der Kosten ihrer Bestattung abgetreten. Nach dem Todesfall stellte das Bestattungsunternehmen den Erben eine Rechnung über 11.653,96 € aus, wovon die Sterbegeldversicherung 6.864,82 € übernahm. Der Restbetrag musste von den Erben beglichen werden.
Das beklagte Finanzamt berücksichtigte den an die Sterbegeldversicherung abgetretenen Betrag bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs werterhöhend als Sachleistungsanspruch. Hinsichtlich der Erbfallkosten brachte das Finanzamt lediglich die Pauschale nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG in Abzug. Die Leistungen der Sterbegeldversicherung wurden dabei nicht als Bestattungskosten berücksichtigt.
Der Kläger war hingegen der Auffassung, die Erbfallkosten seien in voller Höhe (selbstgezahlter Betrag und Betrag aus der Sterbegeldversicherung) zu berücksichtigen. Diese Kosten würden den in § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG verankerten Pauschalbetrag in Höhe von 10.300 € übersteigen.
Die gegen die ablehnende Einspruchsentscheidung gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das FG Münster war der Auffassung, dass der von der Sterbegeldversicherung an das Bestattungsunternehmen gezahlte Betrag nicht als Nachlassverbindlichkeit zu berücksichtigen sei, vgl. FG Münster Urt. 3 K 1551/20 Erb v. 19.8.2021, EFG 2021, 1840.
Entscheidungsgründe:
In der Revisionsinstanz vor dem BFH war der Kläger hingegen erfolgreich. Der II. Senat des BFH bestätigte zwar die Auffassung des FG Münster, dass aufgrund der von der Erblasserin abgeschlossenen Sterbegeldversicherung ein Sachleistungsanspruch auf den Kläger als Erben übergegangen sei, der in Höhe der Versicherungsleistung zu einem steuerpflichtigen Erwerb nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG geführt habe.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz seien jedoch die Bestattungskosten – anders als vom Finanzgericht angenommen – nicht nur in Höhe der Pauschale des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG von 10.300 € abzugsfähig, sondern nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG im vollen Umfang (d.h. inklusive der Zahlung der Sterbegeldversicherung) als Nachlassverbindlichkeiten bei der Bemessung der Erbschaftsteuer steuermindernd zu berücksichtigen.
Der BFH verweist vor diesem Hintergrund die Sache zurück an die Vorinstanz, da die Feststellungen des FG nicht ausreichen, um die Höhe der insgesamt zu berücksichtigenden Nachlassverbindlichkeiten zu bestimmen.
Einordnung:
Die Entscheidung des BFH ist zu begrüßen. Durch den Abschluss einer Sterbegeldversicherung durch den Erblasser werden die Erben nicht finanziell belastet. Der Nachlass ist um den Wert des Sachleistungsanspruchs gegen die Versicherung zu erhöhen, wird aber als Nachlassverbindlichkeit in voller Höhe wieder abgezogen. Zutreffend weist der BFH darauf hin, dass der Fall nicht anders behandelt werden darf, als hätte den Erben ein unmittelbarer Anspruch auf Auszahlung der Versicherungsleistungen aus der Sterbegeldversicherung zugestanden oder der Erblasser zu Lebzeiten bereits eine Anzahlung an das Bestattungsunternehmen für die zu erwartenden Bestattungskosten geleistet. Auch hier wäre – korrespondierend – der Nachlass um die Leistung der Sterbegeldversicherung bzw. den Anspruch gegen das Bestattungsunternehmen zu erhöhen und in Höhe der tatsächlich entstandenen Bestattungskosten gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG zu mindern.
Praxishinweis:
Bei der erbschaftsteuerlichen Abwicklung des Nachlasses ist darauf zu achten, die Kosten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG korrekt zu ermitteln. Liegen diese unter dem Pauschbetrag im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG in Höhe von 10.300 €, ist der Pauschbetrag ohne weitere Nachweise in Abzug zu bringen. Übersteigen die Kosten den Pauschbetrag, ist ein höherer Betrag in Abzug zu bringen. Die Kosten müssen in diesem Fall jedoch gegenüber dem Finanzamt nachgewiesen werden.
Das Urteil des BFH stärkt die Rechte der Erben und stellt sicher, dass sie nicht durch die Abtretung der Sterbegeldversicherung benachteiligt werden. Es trägt dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung.