OFD-Erlass – Berücksichtigung von Kosten für die Steuerangelegenheiten des Erblassers und von Kosten für die Haushaltsauflösung
Mit gleich lautenden Ländererlassen der obersten Finanzbehörden der Länder v. 9.2.2022 hat die Finanzverwaltung auf die Entscheidung des BFH II R 30/19 v. 14.10.2020, BStBl. 2022 II, 216 reagiert, vgl. OFD-Erl. S 3810 v. 9.2.2022, BStBl. 2022 I, 224.
Dieser Beitrag ergänzt und aktualisiert den Newsletter vom 28.4.2021, in dem wir das BFH-Urteil ausführlich besprochen haben.
Einordnung
Der BFH hat in der vorgenannten Entscheidung festgestellt, dass sowohl die Steuerberatungs- als auch die Räumungskosten als Nachlassverbindlichkeiten in Gestalt von Nachlassregelungskosten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG abzugsfähig sind.
Hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der Steuerberatungskosten ist er damit von der Verwaltungsauffassung der obersten Finanzbehörden der Länder abgewichen. Diese hatten die vom Erben getragenen Steuerberatungskosten, die im Rahmen der Einkommensteuerpflicht des Erblassers anfallen, nicht als Nachlassregelungskosten i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG sondern als Erblasserschulden nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 EStG behandelt, vgl. OFD-Erl. S 3810 v. 11.12.2015, BStBl. 2015 I, 1028.
Inhalt des neuen OFD-Erlasses
Die obersten Finanzbehörden der Länder reagieren nunmehr wie folgt auf die höchstrichterliche Finanzgerichtsrechtsprechung:
- Steuerberatungskosten für die Steuerangelegenheiten des ErblassersVom Erben getragene Steuerberatungskosten, die im Rahmen der Einkommensteuerpflicht des Erblassers anfallen, insbesondere Steuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärung des Erblassers, können als Erblasserschulden abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten i. S. d. § 10 Absatz 5 Nummer 1 ErbStG darstellen, soweit sie vom Erblasser herrühren. Eine solche Schuld setzt voraus, dass der Erblasser noch zu seinen Lebzeiten die Steuerberatung beauftragt hat (Verursacherprinzip). Hierunter fällt auch eine über den Tod des Erblassers hinausgehende Beauftragung, solange diese nicht durch eine Kündigung seitens des Erben beendet wird. Beauftragt erst der Erbe nach dem Tod des Erblassers die Steuerberatung, liegen keine Erblasserschulden vor.Steuerberatungskosten, die dem Erben anlässlich einer Berichtigung für ursprünglich vom Erblasser abgegebene Steuererklärungen oder für die Nacherklärung von Steuern entstehen, die der Erblasser hinterzogen hat, sind als Nachlassregelungskosten i. S. d. § 10 Absatz 5 Nummer 3 Satz 1 ErbStG abzugsfähig. Den Erben trifft als Gesamtrechtsnachfolger gemäß § 153 Absatz 1 AO eine Berichtigungspflicht hinsichtlich der noch vom Erblasser abgegebenen Steuererklärungen, soweit er deren Unrichtigkeit erkennt.Die Abgabe von Steuererklärungen für solche Steuerverbindlichkeiten, die vom Erblasser herrühren und damit dem Grunde nach Nachlassverbindlichkeiten darstellen, gehört zu den vom Erblasser herrührenden steuerlichen Pflichten. Beauftragt der Erbe zur Erfüllung seiner vom Erblasser herrührenden steuerlichen Pflichten eine Steuerberatung, dienen diese Kosten dazu, den Umfang der Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten zu klären. Stehen die Steuerberatungskosten im engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen, gehören sie nicht zu den Kosten der Nachlassverwaltung nach § 10 Absatz 5 Nummer 3 Satz 3 ErbStG. Es ist unschädlich, dass die Kosten dem Grunde und der Höhe nach durch einen eigenen Entschluss des Erben ausgelöst werden. Den Hinweis H E 10.7 “Steuerberatungskosten für die Steuerangelegenheiten des Erblassers” ErbStH wendet die Finanzverwaltung nicht mehr an.
- Kosten für die Haushaltsauflösung und für Räumung einer WohnungKosten für die Räumung einer vom Erblasser selbst bewohnten Wohnung sind als Teil der Nachlassverwertung nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG nicht abzugsfähig, soweit sie sich auf die Eigenschaft der Wohnung als Nachlassgegenstand beziehen, weil Eigentum und Besitz des Erben geklärt sind oder sie zu den Kosten für das Herrichten der Wohnung zwecks Verkaufs, Vermietung oder Selbstnutzung zur Verwertung und damit zur Verwaltung des Nachlasses gehören.Es liegen hingegen Nachlassregelungskosten i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG vor, soweit die Auflösung des Haushalts des Erblassers darauf gerichtet ist festzustellen, inwieweit die in der Wohnung befindlichen Gegenstände zum Nachlass gehören. Während die Durchsicht des gesamten Hausrats zur Feststellung des Nachlasses gehört, gehört das Ausräumen im Regelfall bereits zur Verwertung und damit zur Verwaltung des Nachlasses.Kosten für die Auflösung des Haushalts und Räumung der Wohnung des Erblassers, welche in den ersten sechs Monaten nach dem Erbfall entstehen, sind aus Vereinfachungsgründen der Feststellung des Nachlasses zuzurechnen. Für anschließend entstehende Kosten hat der Steuerpflichtige darzulegen, dass die Kosten aufgrund der Umstände des Einzelfalls zur Feststellung des Nachlasses gehören.
Beratungshinweis
Bei der Abwicklung von Erbfällen ist zukünftig darauf zu achten, dass die Kosten für die Räumung des Haushalts des Erblassers genau dokumentiert werden, da diese in der Erbschaftsteuererklärung als Nachlassregelungskosten abzugsfähig sein können. Das gleiche gilt für Steuerberatungskosten, die im Zusammenhang mit der Einkommensteuerpflicht des Erblassers anfallen. Das gilt unabhängig davon, ob die Steuerberatungskosten lediglich für die Erstellung der letzten Einkommensteuererklärung anfallen, die der Erblasser nicht mehr selbst abgeben oder bei seinem Steuerberater in Auftrag geben konnte, oder ob diese für die Erstellung von Nacherklärungen anfallen, weil der Erblasser Einkommensteuer hinterzogen hatte.
