Ertragsteuerliche Abziehbarkeit einer Geldauflage iSd § 153a StPO als Betriebsausgabe
In dem Urteil v. 29.1.2025 (Az.: X R 6/23) hat sich der BFH mit der ertragsteuerlichen Abziehbarkeit von Geldauflagen nach § 153a StPO sowie deren Verhältnis zur Einziehung von Taterträgen nach § 73 ff. StGB auseinandergesetzt.
Steuerlicher Hintergrund:
§ 12 Nr. 4 EStG regelt, dass in einem Strafverfahren festgesetzte Geldstrafen und sonstige Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden können. Dies gilt jedoch nicht für Auflagen oder Weisungen, die lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.
Zu differenzieren ist bei Verfahrenseinstellungen nach § 153a StPO mithin zwischen – ertragsteuerrechtlich abziehbaren – Wiedergutmachungsauflagen nach § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StPO und – ertragsteuerrechtlich nicht abziehbaren – Geldauflagen mit Sanktionscharakter nach § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StPO. Daneben ist eine Einziehungsentscheidung gemäß § 73 StGB, die den Zweck der Vermögensabschöpfung verfolgt, nicht von § 12 Nr. 4 EStG erfasst und daher abziehbar.
Sachverhalt:
Das gegen den Kläger eingeleitete Verfahren wegen Steuerhinterziehung u.a. bei seinen gewerblichen Einkünften sowie wegen des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) wurde nach § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Absatz 2 StPO durch das Gericht (mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Klägers) gegen eine Zahlung zugunsten der Staatskasse i.H.v. 25.000 € eingestellt. Der Einstellungsbeschluss enthielt dabei den Hinweis, dass die Zahlung „zugleich der Abschöpfung etwaig erlangter rechtswidriger Vermögensvorteile“ diene. Eine Aufgliederung des Geldbetrages in eine Geldauflage einerseits und eine Vermögensabschöpfung andererseits findet sich im Einstellungsbeschluss ebenso wenig wie die Angabe von Rechtsgrundlagen zur Vermögensabschöpfung.
Den vom Kläger an die Staatskasse gezahlten Betrag machte dieser als nachträgliche Betriebsausgabe zu den gewerblichen Einkünften geltend. Das Finanzamt versagte den Abzug und wies auch den Einspruch als unbegründet zurück. Das Finanzgericht gab dem Kläger teilweise Recht und legte den oben wiedergegebenen Hinweis des Gerichts im Einstellungsbeschluss dahingehend aus, dass sich ein Teilbetrag der Zahlung von 3.000 € auf eine ertragsteuerrechtlich abziehbare Vermögensabschöpfung beziehe. Mit seiner Revision ersucht der Kläger den BFH, weitere 20.081 € zum Abzug zuzulassen.
Entscheidung des BFH:
Der BFH weist die Revision als unbegründet zurück. Die Vorinstanz habe den Einstellungsbeschluss des Landgerichts im Strafverfahren fehlerhaft dahingehend ausgelegt, dass damit auch eine Vermögensabschöpfung festgesetzt worden sei. Für die Auslegung der Einstellungsentscheidung komme es nicht auf die subjektiven Vorstellungen der mit dem Strafverfahren befassten Personen, sondern auf ihren Inhalt und die objektiven Gegebenheiten an. Als gesetzliche Grundlage für die Geldauflage sei in dem Beschluss § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StPO genannt worden; Hinweise auf eine Einstellung nach § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StPO gebe es daher nicht.
Zudem sei der Beschluss nicht zumindest zu einem gewissen Teil als eine Einziehungsentscheidung nach § 73 StGB – die ertragsteuerrechtlich wegen des Ziels der Vermögensabschöpfung nicht von § 12 Nr. 4 EStG erfasst wird – zu verstehen. Bei einer Einstellung des Strafverfahrens ist die Verhängung von Rechtsfolgen nach § 73 StGB ohnehin nicht zulässig. Es fehlt in diesen Fällen an der Feststellung einer rechtswidrigen Tat als tatbestandliche Voraussetzung für die Einziehung nach § 73 StGB. Wird das Verfahren eingestellt, eröffnet § 76a Abs. 3 StGB in einem gesonderten, selbstständigen Verfahren die Möglichkeit der Einziehung.
Zuletzt geht der BFH darauf ein, dass der Einstellungsbeschluss auch nicht dahin verstanden werden könne, dass dieser sich aus einem ggf. zu schätzenden Anteil nach § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StPO und einem weiteren Anteil nach § 153a Abs. 1 Satz 2 StPO zusammensetzt. Zwar könne grundsätzlich ein einheitlicher Beschluss verschiedene Arten von Auflagen oder Weisungen kombinieren. Dies müsse der Beschluss jedoch erkennen lassen, woran es fehle, wenn in dem Einstellungsbeschluss nur eine der beiden gesetzlichen Grundlagen genannt wird.
Theoretisch wäre dem Kläger daher der Betriebsausgabenabzug in voller Höhe zu versagen gewesen. Allerdings hatte nur der Kläger Revision eingelegt, weshalb die Verböserung der erstinstanzlichen Entscheidung zu seinen Lasten ausgeschlossen war.
Einordnung:
Die Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage nach § 153a StPO ist ein probates Mittel zur Beendigung eines Steuerstrafverfahrens. Mit der Zahlung einer Geldauflage zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse gemäß § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StPO sowie der Erfüllung von etwaigen weiteren Auflagen gemäß § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StPO, tritt Strafklageverbrauch ein. Für den Beschuldigten gilt weiterhin die Unschuldsvermutung und es erfolgt keine Eintragung in das Bundeszentralregister. Der Beschuldigte ist somit nicht vorbestraft.
Damit die geleisteten Zahlungen ertragsteuerrechtlich nach § 12 Nr. 4 EStG (bzw. § 10 Nr. 3 KStG für die Körperschaftsteuer) abgezogen werden können, ist es nach dem Urteil des BFH nicht ausreichend, wenn lediglich in der Begründung des Beschlusses auf den beabsichtigten vermögensabschöpfenden Charakter der Auflage hingewiesen wird. Es sollte daher darauf hingewirkt werden, dass der Einstellungsbeschluss unter Angabe der genauen gesetzlichen Grundlagen (§ 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Nr. 2 StPO) zwischen der Wiedergutmachungsauflage und der Geldauflage differenziert. Dafür kann u.a. auf die in Nr. 93 Abs. 1 Satz 4 der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren (RiStBV) vorgesehene Möglichkeit der Kombination der Auflagen verwiesen werden.

Verfasst von:
Jacob Eisenreich
Wissenschaftlicher Mitarbeiter