Neuregelung des § 4 Nr. 21 UStG durch das JStG 2024 – Auswirkungen auf das Bescheinigungsverfahren
Der Gesetzgeber hat im Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) u.a. die Steuerbefreiungsvorschrift in § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG für Bildungsleistungen neu gefasst. Durch die Änderung soll § 4 Nr. 21 UStG an die unionsrechtlichen Vorgaben angepasst werden. Die Neuregelung tritt zum 1.1.2025 in Kraft. Die Neuregelung hat für Rechtsunsicherheit in der Praxis gesorgt, auch in Bezug auf das Bescheinigungsverfahren nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG. Das BMF hat nun angekündigt, dass im Zusammenhang mit der Neuregelung des § 4 Nr. 21 UStG ein BMF-Schreiben in Planung ist.
Wesentliche Änderungen am § 4 Nr. 21 UStG
§ 4 Nr. 21 UStG in seiner derzeitigen Fassung befreit die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen (§ 4 Nr. 21 Buchst. a UStG) bzw. die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbstständiger Lehrer (§ 4 Nr. 21 Buchst. b UStG) von der Umsatzsteuer.
Die Neufassung des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG dehnt den sachlichen Anwendungsbereich der Befreiung nunmehr auf „die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen“ aus. Anders als im Regierungsentwurf vorgesehen, bleibt das Bescheinigungsverfahren nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG erhalten.
Steuerbefreit ist außerdem „Schul- und Hochschulunterricht, der von Privatlehrern erteilt wird“ (§ 4 Nr. 21 Buchst. c UStG). Der Begriff des Privatlehrers nach § 4 Nr. 21 Buchst. c UStG umfasst nur natürliche Personen und entspricht dem Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL.
Auswirkung der Neuregelung auf das Bescheinigungsverfahren
Bislang musste die zuständige Landesbehörde den Bildungsanbietern nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG bescheinigen, dass sie „auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten“. Der Gesetzgeber hat diese Vorschrift mit dem JStG 2024 geändert. Die zuständige Landesbehörde muss nun ab dem 1.1.2025 bescheinigen, dass die Einrichtungen, „Schulunterricht, Hochschulunterricht, Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung erbringen“.
Diese Änderung über den Inhalt der notwendigen Bescheinigung wirft die Frage auf, ob die für die alte Rechtslage erteilten Bescheinigungen weiter ab dem 1.1.2025 gelten.
Das BMF kündigte nun in einer Antwort auf eine schriftliche Frage des Abgeordneten Fritz Güntzler an, dass ein BMF-Schreiben zur Neuregelung des § 4 Nr. 21 UStG derzeit in Planung ist, vgl. BT-Drs. 20/14088, Seite 14. In das BMF-Schreiben soll dabei aufgenommen werden, dass die vor dem Inkrafttreten des JStG 2024 ausgestellten Bescheinigungen nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG auch nach dem 31.12.2024 die Voraussetzungen des ab 1.1.2025 gültigen § 4 Nr. 21 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG erfüllen und weiter gültig sind.
Bewertung
Die Mitteilung, dass ein BMF-Schreiben in Planung ist, ist angesichts der offenen Anwendungsfragen im Zusammenhang mit der Neuregelung des § 4 Nr. 21 UStG zu begrüßen. Das Schreiben ist indes noch nicht final. Der konkrete Inhalt bleibt abzuwarten. Zudem bindet ein solches Schreiben nur die Finanzbehörden; bei Streitigkeiten mit dem Finanzamt über die Umsatzsteuerbefreiung ist eine abweichende Beurteilung durch das Finanzgericht zum Nachteil des Bildungsanbieters nicht ausgeschlossen.
Aus Gründen der Rechtssicherheit ist daher zu empfehlen, nicht auf das finale BMF-Schreiben zu warten, sondern eine neue Bescheinigung bei der zuständigen Landesbehörde zu beantragen.
Ob die über die Fortgeltung der bestehenden Bescheinigungen hinaus bestehenden offenen Fragestellungen auch in dem angekündigten BMF-Schreiben beantwortet werden, ist nicht absehbar. Unklar ist etwa, ob Bildungsanbieter auf die Fortgeltung der alten Bescheinigung „verzichten“ können und – wenn sie keine neue Bescheinigung beantragen – damit fortan nicht mehr unter den Befreiungstatbestand fallen. Das durch das Bescheinigungsverfahren ermöglichte „Wahlrecht“ für die Inanspruchnahme der Umsatzsteuerbefreiung birgt zudem die Unsicherheit, dass die Bescheinigung auch von Amts wegen (z.B. auf den Hinweis eines Dritten bei der zuständigen Behörde) erteilt werden kann, vgl. zu den diesbezüglichen Änderungsvorschlägen zum Abschn. 4.21.5 Abs. 2 Satz 1 UStAE DStV, Schreiben vom 31.10.2024, Seite 4 f.