[1] Wird ein Wirtschaftsgut aus dem steuerlichen Privatvermögen in eine Personengesellschaft gegen erstmalige Einräumung einer Mitunternehmerstellung eingebracht, liegt ein vollentgeltliches Geschäft (Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten) auch dann vor, wenn der Wert des übertragenen Wirtschaftsguts nicht nur auf dem Kapitalkonto I, sondern zT auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto gutgeschrieben wird, BFH-Urt. IV R 2/20 v. 23.3.2023. Es findet keine Aufteilung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Übertragungsvorgang statt. Deshalb ist AfA-Bemessungsgrundlage für eingebrachte abnutzbare Wirtschaftsgüter insgesamt der gemeine Wert; die AfA-Beschränkung nach § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG greift nicht.
Anm.: Diese Klarstellung und Bestätigung der Rspr. ist für die Gestaltung von Einbringungsvorgängen aus dem steuerlichen Privatvermögen von erheblicher Bedeutung, nachdem zwischenzeitlich eine Diskussion darüber aufgekommen war, ob – anders als bisher angenommen – eine Aufspaltung des Vorgangs erfolgen müsse. Die Entscheidung ändert nichts daran, dass im Fall der ausschließlichen Gutschrift auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto ein unentgeltlicher Vorgang vorliegt, der zur Abschreibungsrestriktion nach § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG führt. Aus den Erwägungen des BFH in der Urteilsbegründung ergibt sich, dass auch bei der Einbringung betrieblicher Sachgesamtheiten nach § 24 UmwStG ein vollentgeltlicher Vorgang vorliegt, wenn die Gutschrift des eingebrachten Vermögens teilweise auf einem „echten“ Kapitalkonto und einem Rücklagenkonto erfolgt. – Im Streitfall ist ein Grundstück mit einer Windkraftanlage von einer vermögensverwaltenden GbR auf eine gewerbliche übertragen worden. Die unmittelbare Übereignung zwischen den beiden Gesellschaften wurde wie eine unmittelbare Einbringung durch die Gesellschafter beurteilt. [kk]
[2] Der in eine Personengesellschaft eintretende Gesellschafter hatte eine Kapitaleinlage geleistet, die über dem Buchwert des anteilig auf ihn entfallenden steuerlichen Kapitalkontos lag. Der Betrag wurde ihm zT auf dem Kapitalkonto I und einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto gutgeschrieben. Für den unter § 24 UmwStG fallenden Vorgang hatten die Beteiligten die Buchwertfortführung unter Anwendung der sog. Nettomethode dergestalt gewählt, dass der eintretende Gesellschafter seine das steuerliche Buchkapital übersteigenden Einlagen in einer positiven steuerlichen Ergänzungsbilanz führte, während die Altgesellschafter die Gewinnrealisierung durch Aufstellung einer – zunächst korrespondierenden – negativen Ergänzungsbilanz vermieden. Später schied der neue Gesellschafter gegen eine über dem steuerlichen Buchwert liegende Abfindung aus. Es bestand mit dem FA Einverständnis darüber, dass bei ihm ein Veräußerungsgewinn in Höhe der Differenz zwischen der Abfindung einerseits und dem Buchkapital in der Gesamthandsbilanz sowie dem noch nicht abgeschriebenen Teil der Mehraufwendungen aus der positiven steuerlichen Ergänzungsbilanz andererseits entstanden ist. Streit entstand jedoch darüber, ob die Altgesellschafter das noch bestehende negative Kapital aus der negativen steuerlichen Ergänzungsbilanzgewinnerhöhend auflösen müssen. Der BFH hat mit Recht entschieden, die negative Ergänzungsbilanz sei nach Wiederausscheiden des eingetretenen Mitunternehmers fortzuführen, weil der Ausweis der Anschaffungskosten in der positiven Ergänzungsbilanz und die die wahlweise Buchwertfortführung nach § 24 UmwStG bewirkende Bildung einer negativen Ergänzungsbilanz zwei völlig unterschiedliche Vorgänge sind, Urt. des BFH IV R 27/19 v. 23.3.2023.
Anm.: Der BFH hat außerdem klargestellt, dass die bei Eintritt des später ausgeschiedenen Gesellschafters erfolgte Gutschrift auf dessen Kapitalkonto I und auf dem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto ein einheitlicher entgeltlicher, unter § 24 UmwStG fallender Vorgang gewesen ist. Die in den Urt. IV R 15/14 v. 29.7.2015, BStBl. 2016 II, 593, und IV R 46/12 v. 4.2.2016, BStBl. 2016 II, 607, angedeuteten Bedenken gegen die Annahme eines vollentgeltlichen Geschäfts bezogen sich – so der BFH – auf eine besondere Sachverhaltskonstellation, die darin bestand, dass in den Streitfällen der Einbringende bereits Gesellschafter der bestehenden Personengesellschaft und sowohl vor als auch nach der Einbringung zu 100 % am Vermögen, Gewinn bzw. Verlust und an den Stimmrechten beteiligt war. [kk]
[3] Eine einheitliche, in unterschiedlichen VZ ausgezahlte Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes liegt vor, wenn alle Teilleistungen auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückzuführen sind. Erfolgen in diesem Fall die Auszahlungen in zwei Kj., entfällt die Tarifvergünstigung nach §§ 24, 34 EStG. Der BFH hat mit Urt. IX R 10/21 v. 6.12.2021 (die Entscheidung wurde nachträglich zur Veröffentlichung bestimmt) entschieden, eine einheitliche Entschädigung könne auch vorliegen, soweit eine Teilentschädigung (im Streitfall sog. Startprämie) dafür geleistet wird, dass der Arbeitnehmer sein Beschäftigungs- und Qualifizierungsverhältnis bei einer Transfergesellschaft vorzeitig kündigt, weil er bei einem anderen Arbeitgeber ein neues Arbeitsverhältnis beginnt. [kk]
[4] Der BFH hat in der Unverzinslichkeit der Forderung einer GmbH gegen einen Gesellschafter auf einem ungesicherten Verrechnungskonto eine vGA gesehen. Er hat es im Urt. I R 27/20 v. 22.2.2023 nicht beanstandet, dass die Höhe des angemessenen Zinses aus dem Mittel der banküblichen Marge zwischen Soll- und Habenzinsen (sog. Margenteilung) abgeleitet wird (Bestätigung der Rspr.). Das hat für die Streitjahre 2014 und 2015 zur Schätzung des angemessenen Zinssatzes auf 4,5 % geführt.
Anm.: Der BFH hat es nicht beanstandet, dass bei der Margenteilung von den Überziehungskreditzinssätzen für unbesicherte Privatkredite ausgegangen worden ist. [kk]
[5] Eine Stadt war an einer Gewinne erzielenden KG beteiligt, die Holdinggesellschaft für drei Kapitalgesellschaften war, deren Geschäftszweck die Versorgung mit Strom, Wärme sowie Wasser, der öffentliche Nahverkehr und ein Freibad nebst Blockheizkraftwerk war. Die KG erzielte Gewinne durch EDV-Leistungen an die Tochtergesellschaften. Es lag eine körperschaftsteuerrechtliche Organschaft vor. Daneben betrieb die Stadt ein dauerverlusterzeugendes Hallenbad in eigener Regie. Der BFH hat mit Urt. I R 16/19 v. 18.1.2023 eine körperschaftsteuerrechtliche Verrechnung der Verluste aus dem Hallenbad mit dem Gewinn der KG (einschl. des ihr zuzurechnenden zu versteuernden Einkommens der Tochtergesellschaften) nicht anerkannt, weil die Voraussetzungen für die Verrechnung der Dauerverluste aus dem Hallenbad nicht vorlagen. Dieser Beurteilung hat der BFH folgendes Verständnis zugrunde gelegt:
(a) Die Beteiligung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts an einer gewerblichen Personengesellschaft ist ein BgA („BgA-Beteiligung“).
(b) Fungiert die Personengesellschaft als Holdinggesellschaft und begründet sie damit eine ertragsteuerliche Organschaft mit Tochter-Kapitalgesellschaften, werden durch die Tätigkeiten der Organ-Tochtergesellschaften keine weiteren BgA begründet.
(c) Das steuerliche Ergebnis einer Beteiligung an einer Personengesellschaft, durch die auf der Ebene der juristischen Person des öffentlichen Rechts ein BgA begründet wird, kann nur dann durch Erfassung der Beteiligung als gewillkürtes Betriebsvermögen eines weiteren BgA (hier: BgA Hallenbad) mit dem steuerlichen Ergebnis jenes weiteren BgA verrechnet werden, wenn die Voraussetzungen der sog. Zusammenfassungsgrundsätze erfüllt sind. [kk]