Einfuhrumsatzsteuer und Vorsteuerabzug eines indirekten Zollvertreters – BFH-Beschl. V R 13/21 v. 20.7.2023
Der BFH hat sich im Beschluss V R 13/21 vom 20.7.2023 zur Vorsteuerabzugsberechtigung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG eines indirekten Zollvertreters geäußert. Die Entscheidung bestätigt die bisherige Rechtsprechungspraxis, die für eine vorsteuerabzugsberechtigte Einfuhr voraussetzt, dass der eingeführte Gegenstand selbst und damit dessen Wert für die vom Einführer erbrachten Ausgangsumsätze verwendet wird. Dies ist im Hinblick auf die erbrachten Verzollungsdienstleistungen eines indirekten Vertreters nicht der Fall.
Sachverhalt:
Im Februar 2018 meldete die Klägerin als indirekte Zollvertreterin gemäß Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 Alt. 2 UZK beim Hauptzollamt die Überlassung von Elektronikartikeln für die in der Türkei ansässige L zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr an. Das Hauptzollamt überließ die Ware antragsgemäß und setzte gegenüber der Klägerin — als Gesamtschuldnerin mit L — Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 227,81 € fest. Da die Ware nicht bei der in Deutschland ansässigen Empfängerin ankam, verzichtete die Klägerin darauf, das für die Abgabe der Zollanmeldung mit L vereinbarte Entgelt einzufordern. Die vom Hauptzollamt festgesetzte Einfuhrumsatzsteuer machte die Klägerin in ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für März 2018 als Vorsteuer geltend. Das Finanzamt versagte der Klägerin den Vorsteuerabzug mittels Vorauszahlungsbescheids. Der gegen den Bescheid eingelegte Einspruch sowie die Klage vor dem FG Hamburg blieben erfolglos.
Entscheidungsgründe:
Der BFH weist die Revision der Klägerin als unbegründet zurück und bestätigt die ablehnende Entscheidung der Vorinstanz. Der BFH legt § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG entsprechend Art. 168 Buchst. e MwStSystRL dahingehend richtlinienkonform aus, dass die Einfuhr für das Unternehmen eine Verwendung des eingeführten Gegenstandes für Zwecke der besteuerten Umsätze erfordert. Dies setzt nach Auffassung des BFH voraus, dass der Unternehmer den Gegenstand selbst und damit dessen Wert für diese Umsätze verwendet, d.h. der Wert des eingeführten Gegenstandes muss in den Preis der vom Unternehmer erbrachten Leistung einfließen. Unter Verweis auf seine bisherige Rspr. und die Rspr. des EuGH stellt der BFH im Folgenden fest, dass keine Vorsteuerabzugsberechtigung für den Unternehmer besteht, der eingeführte Gegenstände lediglich befördert, aber nicht deren Einführer oder Eigentümer ist. Denn die Klägerin erbringt in Bezug auf die eingeführten Gegenstände lediglich Verzollungs- und ggf. Beförderungsdienstleistungen und damit gehört die Einfuhrumsatzsteuer nicht zu den Kosten eines konkreten Ausgangsumsatzes der Klägerin. Selbst für den Fall, dass die Klägerin ein Entgelt für die Einfuhr der Ware erhalten hätte, wäre die Klägerin – wie auch andere Zolldienstleister, z.B. Zolllagerbetreiber – nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen. Entscheidend ist, dass die Klägerin den eingeführten Gegenstand nicht zur Erbringung einer Ausgangsleistung verwendet hat, sondern der eingeführte Gegenstand lediglich das Objekt war, an dem die GmbH ihre Leistung erbracht hat.
Einordnung:
Art. 170 Abs. 2 UZK sieht vor, dass der Zollanmelder stets im Gebiet der EU ansässig sein muss. Unternehmen aus dem Drittland, die beabsichtigen, Waren nach Deutschland einzuführen, müssen deshalb auf – im EU-Gebiet ansässige – indirekte Zollvertreter nach Art. 18 UZK zurückgreifen. Diese werden gem. Art. 18 Abs. 1 UZK für fremde Rechnung, aber im eigenen Namen tätig. Indem der indirekte Zollvertreter in eigenem Namen handelt, wird er selbst zum Zollanmelder und zum Zollschuldner. Der indirekte Zollvertreter ist damit auch Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 77 Abs. 3 UZK, § 11 Abs. 2 UStG.
In der Praxis stellt sich für die indirekten Zollvertreter das Problem der als Vorsteuer abziehbaren Einfuhrumsatzsteuer meist nicht. Die indirekten Zollvertreter vereinbaren üblicherweise mit dem Einführer ein Entgelt, welches auch die Kompensation der Einfuhrumsatzsteuer beinhaltet. Im Streitfall kam es zu dem Versuch, die Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer geltend zu machen, da die Ware nicht bei der in Deutschland ansässigen Empfängerin ankam und die indirekte Zollvertreterin auf das zuvor vereinbarte Entgelt für die Abgabe der Zollanmeldung verzichtete.
Die Rspr. des BFH und EuGH zu der Frage, ob ein Zolldienstleister zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG berechtigt ist, war auch schon vor dem hier besprochenen Beschluss eindeutig. Dennoch hatte die Klägerin versucht, mit Blick auf die EuGH Entscheidung in der Rs. Weindel Logistik Service vom 8.10.2020 – C-621/19, eine Rechtsprechungsänderung herbeizuführen. Dieses Vorhaben blieb erfolglos, da der EuGH in der vorgenannten Entscheidung seine Rspr. nicht geändert, sondern bestätigt hat. Der BFH hat sämtliches Vorbringen der Klägerin entkräftet und an seiner und der ständigen Rspr. des EuGH festgehalten.
Der BFH nahm den Fall aber zum Anlass seine bisherige Rspr. dahingehend zu präzisieren, dass der Wert des eingeführten Gegenstandes zu den Kostenelementen der unternehmerischen Tätigkeit für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG gehören muss, damit die auf diesen Wert bezogene Einfuhrumsatzsteuer zum Vorsteuerabzug berechtigt und durch diesen Abzug eine sich hieraus ergebende Kostenbelastung für den Unternehmer verhindert wird. Der Wert der beförderten Ware oder der Waren, auf die sich die Zolldienstleistungen beziehen, findet jedoch niemals Eingang in den Wert der erbrachten (Zoll-)Dienstleistung, er ist damit niemals ein Kostenbestandteil derselben. Das wäre aber Voraussetzung für die Geltendmachung der für den eingeführten Gegenstand gezahlten Einfuhrumsatzsteuer, vgl. Brill, NWB 2023, 2722.