[1] Das BMF hat mit Bearbeitungsstand v. 28.2.2023 einen Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung und anderer Steuergesetze an die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG-Steueranpassungsgesetz) vorgelegt. Schwerpunkt sind Änderungen der AO zur Anpassung an das neue Gesellschaftsrecht der Personengesellschaften. Entsprechende Änderungen sind in der FGO vorgesehen. Geringfügige Änderungen sollen im KStG erfolgen. Außerdem wird das MoPeG selbst noch vor seinem Inkrafttreten nachgebessert und ergänzt.
- (a) Bedeutsam ist insbes. folgende vorgesehene Änderung in § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO: „Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft zustehen, werden den Beteiligten oder Gesellschaftern anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist. Rechtsfähige Personengesellschaften gelten für Zwecke der Ertragsbesteuerung als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen.“ Damit wird festgeschrieben, dass es bei der bisherigen transparenten Ertragsbesteuerung der Personengesellschaften bleibt und zahlreiche Vorschriften und deren Auslegung sowie Verwaltungsanweisungen, die auf das frühere Gesamthandsvermögen rekurrieren, unverändert bleiben können.
- (b) Zu den vorgesehenen Änderungen und Neuregelungen gehören im Übrigen insbes. diese:
- In § 14a AO-Entw. soll der Begriff der Personenvereinigungen – getrennt für rechtsfähige und nichtrechtsfähige – definiert werden. Ein neuer § 14b AO soll den Begriff der Körperschaften mit Sitz in einem Drittstaat definieren.
- Im Hinblick auf §§ 715, 720 BGB haben nach beabsichtigter Neufassung von § 34 AO die gesetzlichen Vertreter rechtsfähiger Personenvereinigungen deren steuerliche Pflichten zu erfüllen, nicht mehr deren Geschäftsführer. Die steuerlichen Pflichten von Vermögensmassen haben weiterhin deren Geschäftsführer zu erfüllen.
- Geändert werden im Hinblick auf das neue Gesellschaftsrecht §§ 181 und 182 AO. Zur Empfangsbevollmächtigung wird ein neuer § 183a AO eingefügt.
- Neu geregelt wird die Einspruchsbefugnis bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung durch Neufassung des § 352 AO. [kk]
[2] Die FinVerw. gewährt die in Katastrophenfällen inzwischen üblichen Billigkeitsmaßnahmen und Steuervergünstigungen auch für Unterstützungen der Opfer des Erdbebens in der Türkei und in Syrien, die in der Zeit v. 6.2.2023 bis zum 31.12.2023 durchgeführt werden, BMF-Schr. IV C 4 – S 2223/19/10003 :019 v. 27.2.2023. Angesprochen sind: Der Nachweis steuerbegünstigter Zuwendungen, die steuerliche Unschädlichkeit von Maßnahmen von steuerbegünstigten Körperschaften, die steuerliche Abzugsfähigkeit von Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen, Steuerbefreiungen von Unterstützungen an Arbeitnehmer, Arbeitslohnspenden, Verzicht auf Aufsichtsratsvergütungen, Nichterhebung von USt. und SchenkSt. [kk]
[3] Durch Umstrukturierung einer Unternehmensgruppe zwecks deren Sanierung sind Anteile an einer Kapitalgesellschaft, deren gemeiner Wert nach § 11 Abs. 2 BewG 3.206.333 € betrug, zum Nennwert von 25.000 € auf eine zur Unternehmensgruppe gehörende GmbH übertragen worden. Darin haben das FA, das FG und – mit (NV-)Urt. IX R 5/22 v. 13.12.2022 – der BFH eine gemischte verdeckte Einlage iS von § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG erblickt. Der BFH hat dazu unter Bestätigung seiner gefestigten Rspr. zum Begriff der verdeckten Einlage klargestellt:
- (a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Frage, ob die erforderliche gesellschaftsrechtliche Veranlassung vorliegt, ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags, der der Gewährung des Vermögensvorteils zugrunde liegt (also das Verpflichtungsgeschäft, nicht der Erfüllungspunkt).
- (b) Liegt danach eine verdeckte Einlage vor, tritt bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns der gemeine Wert der Anteile gem. § 17 Abs. 2 Satz 2 EStG an die Stelle des Veräußerungspreises. Für die Ermittlung des gemeinen Werts der Anteile nach § 11 Abs. 2 BewG ist der Zeitpunkt der Zuführung des einlagefähigen Vorteils (Übertragung der Anteile auf die Kapitalgesellschaft) maßgeblich.
- (c) Die etwaige umwandlungssteuerrechtliche Rückwirkung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006) geht im Fall der Verschmelzung der Gesellschaft, deren Anteile im Rückwirkungszeitraum verdeckt eingelegt werden, nicht so weit, dass die verdeckte Einlage negiert wird.
- (d) Mit dem (erst nach Ablauf einer Frist annehmbaren) Angebot auf Abschluss eines Anteilskauf- und -abtretungsvertrags wird vor Fristablauf eine Anwartschaft des Angebotsempfängers iS des § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG nicht begründet. [kk]
[4] Der EuGH hat mit Urt. C-695/20 v. 28.2.2023 (Fenix International Ltd.) die formelle Rechtsgültigkeit von Art. 9a Abs. 1 MwStDVO bestätigt, die Art. 28 MwStSystRL auslegt. Die Fenix International Ltd. betreibt die Internet-Plattform „Only Fans“, über die Influencer entgeltliche Leistungen abrechnen. Der Plattformbetreiber ermöglicht den Influencern nicht nur das Unterhalten ihrer Profile und die Interaktionen mit deren „Followern“, sondern rechnet die von den Influencern erzielten Entgelte auch im eigenen Namen ab und leitet 80 % davon an die Influencer weiter. Aus der Entscheidung ergibt sich, dass die Plattform „Only Fans“ erhebliche Verpflichtungen zu erfüllen hat (auch nach dem seit 1.1.2023 geltenden Plattform-Steuertransparenzgesetz), die Influencer jedoch B2B-Leistungen an die in Großbritannien ansässige Gesellschaft erbringen, deren Leistungsort nicht Deutschland ist. Es entsteht nach den Grundsätzen der Leistungskommission eine Leistungskette: Die Influencer leisten an den englischen Plattformbetreiber und dieser leistet an die „Kunden“ der Influencer. [kk]
[5] Die Unterbringung von Erntehelfern durch den Arbeitgeber in nicht ortsfesten Wohncontainern für jeweils Zeiträume von bis zu drei Monaten ist eine umsatzsteuerbegünstigte Beherbergung von Fremden iS des § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG, BFH-Urt. XI R 13/20 v. 29.11.2022.
Anm.: Der Landwirtschaft (Schwerpunkt Spargel- und Beerenanbau) betreibende Kläger beschäftigte saisonal rd. 100 Erntehelfer. Diese brachte er gegen Entgelt in Containern unter, die jeweils nicht im Erdreich eingelassen waren, sondern auf Steinsockeln aufgestellt worden sind, und zwar teilweise dauerhaft (eigene Container), teilweise vorübergehend während der Erntezeit (gemietete Container). ZT handelt es sich um sog. Dreierblocks mit Sanitär- und Stromanschluss sowie Nasszelle und Aufenthaltsraum, zT um Einzelcontainer, für die auf dem Gelände anderweitig Sanitäranlagen und eine Küche verfügbar waren. Die Vergütung wurde mit dem Arbeitslohn verrechnet. Der BFH hat herausgearbeitet, dass sich aus dem Wortlaut und Sinn der Umsatzsteuerermäßigungsvorschrift nicht ergibt, dass es sich um gebäudeähnliche feste Einrichtungen handeln muss. [kk]
[6] In kösdi 2023, 23127, Report Nr. 136, wurde über den Entwurf eines umfangreichen Einführungsschreibens mit Änderungen des UStAE zur Nullprozent-Besteuerung der Lieferung von Solarmodulen an Betreiber von Photovoltaikanlagen berichtet, der bereits Eingang in den Themenbeitrag von Strahl, kösdi 2023, 23129, 23132, gefunden hat. Inzwischen ist die endgültige Fassung des BMF-Schr. III C 2 – S 7220/22/10002 :010 v. 27.2.2023, DStR 2023, 455, veröffentlicht worden, die in verschiedenen Punkten vom Entwurf abweicht: Die Belegenheitsvoraussetzungen (begünstigte Gebäude) gelten stets als erfüllt, wenn die Leistung der Anlage nicht mehr als 30 kW (peak) beträgt und im MaStR eingetragen wurde. Wird das Gebäude für schädliche und unschädliche Zwecke benutzt, gilt es als begünstigt, wenn schädliche Umsätze auf weniger als 10 % der Nutzfläche erbracht werden. Als Betreiber begünstigter Anlagen werden auch solche anerkannt, die im MaStR registrierungspflichtig sind, deren Registrierung aber nicht erfolgt ist. Solarmodule mit einer Leistung von ≥ 300 W sind begünstigt (vorgesehen waren zunächst 500 W). Liegt die Leistung der Anlage unter 600 W, entfällt die Nachweispflicht des Leistenden (die Betreibereigenschaft des Kunden wird – außer bei Lieferungen durch Anlagenbetreiber und im Großhandel – unterstellt). [kk]
[7] Das Vermächtnis an einem inländischen Grundstück unterliegt nicht der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht, BFH-Urt. II R 37/19 v. 23.11.2022, DStR 2023, 443.
Anm.: Dies entspricht zwar der schon bisher im Fachschrifttum überwiegend vertretenen Meinung, jedoch ist die FinVerw. bislang von der Besteuerung nach § 121 Nr. 2 BewG ausgegangen, vgl. dazu Kugelmüller-Pugh, DStR 2023, 446. [kk]
[8] Der BFH hat über eine im Schrifttum umstrittene Frage entschieden: Feststellungsbescheide zum steuerlichen Einlagekonto können nach § 27 Abs. 2 KStG nur durch die Kapitalgesellschaft angefochten werden, nicht auch durch die Gesellschafter im Wege der Drittanfechtung, Urt. I R 53/19 v. 21.12.2022. [kk]