[1] In der Politik und Wirtschaft wird zZ im Hinblick auf Krisensituationen und Inflationsgefahr die Einführung neuer ermäßigter Umsatzsteuersätze und Umsatzsteuerbefreiungen diskutiert. Die MwStSystRL begrenzt die Möglichkeiten indes. Deshalb ist von Bedeutung, dass der Rat der Europäischen Union in Gestalt der Richtlinie (EU) 2022/542 v. 5.4.2022, ABl. 2022 I, 107, 1, umfangreiche Änderungen der MwStSystRL, die die Steuersätze und Steuerbefreiungen betreffen, verabschiedet hat. Die Mitgliedstaaten können für Lieferungen und Dienstleistungen grundsätzlich höchstens zwei ermäßigte Steuersätze, die mindestens 5% betragen müssen, sowie einen ermäßigten Steuersatz, der unter 5% liegt, und eine Steuerbefreiung mit dem Recht auf Vorsteuerabzug festlegen. Die nicht unter 5% liegenden Umsatzsteuersätze dürfen auf höchstens 24 Nummern des Anhangs III zur MwStSystRL gewährt werden, der Steuersatz unter 5 % und die Steuerbefreiung mit Vorsteuerabzug sind auf sieben einzeln genannte Nummern des Anhangs III zur MwStSystRL beschränkt. Bei den sieben Nummern des Anhangs III handelt es sich um Lieferungen und Dienstleistungen, die als zur Deckung der Grundbedürfnisse dienend erachtet werden, insbesondere diejenigen im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Nahrungsmitteln, Wasser, Arzneimitteln, pharmazeutischen Erzeugnissen, Gesundheitsprodukten und Hygieneartikeln, der Personenbeförderung und bestimmten Kulturartikeln. Der Katalog im Anhang III soll erweitert werden, ua. in Nr. 10c auf die Lieferung und Installation von Solarpaneelen auf und in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden (diese Leistungen gehören zu denen, für die auch ein Steuersatz unter 5% oder eine Steuerbefreiung mit Vorsteuerabzug eingeführt werden kann; zu diesen besonders begünstigungsfähigen Lieferungen und Leistungen sollen auch die in Anhang III unter Nr. 1 bis 6 aufgeführten fallen). Die Änderungen der MwStSystRL ermöglichen es außerdem, dass Mitgliedstaaten ermäßigte Steuersätze einführen, die bereits in anderen Mitgliedstaaten gewährt werden. Die vorgeschlagene Richtlinie muss spätestens bis 31.12.2024 umgesetzt werden und ist erst ab dem 1.1.2025 anwendbar. [kk]
[2] Nach Verwaltungsauffassung vernichtet eine nach § 8c KStG schädliche Anteilsübertragung nicht nur die zuvor ausgleichsfähigen Verluste der Kapitalgesellschaft, sondern auch einen etwaigen verrechenbaren Verlust nach §15a EStG, der der Kapitalgesellschaft aus ihrer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft zuzurechnen ist (und sich noch nicht ausgewirkt hat). Mit guten Gründen ist das FG Köln dem entgegengetreten, vgl. Urt. 1 K 2563/17 v, 28.10.2021, EFG 2022, 700 (Rev. unter Az. IV R 27/21 anhängig). Im Fachschrifttum ist die Frage umstritten. [kk]
[3] In der Sondernummer 1/2022 des BStBl. I sind die KStR 2022 veröffentlicht worden. Die eingetretenen Anderungen sind überschaubar. Das KöMoG hat noch nicht Eingang gefunden. [kk]
[4] Die Steuerbefreiung für Sport nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL hat keine unmittelbare Wirkung für die deutsche Umsatzbesteuerung, so dass sich Einrichtungen ohne Gewinnstreben (zB Sportvereine) auf diese Vorschrift nicht vor den nationalen Gerichten berufen können. Dies hat der BFH im Anschlussurteil V R 48/20 (V R 20/17) v. 21.4.2022 zur EuGH-Entscheidung in der Rechtssache Golfclub Schloss Igling C-488/18 v. 10.12.2020, DStR 2020, 2869 (kösdi 2021, 22061, Report Nr. 35), unter Änderung seiner Rspr. entschieden, wie zu erwarten war,
Anm.: Das Urt. hat erhebliche Bedeutung für gemeinnützige Sportvereine, die sich nach bisher herrschendem Verständnis auf die Umsatzsteuerbefreiung in der MwStSystRL berufen konnten, die deutlich weiter greift als die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG. lm Streit standen im Urteilsfall Leistungen des Golfclubs in Bereichen Greenfee, Ballautomat, Startgelder, Caddys und Warenverkauf. Besteuert wurden nur Einzelentgelte, nicht Anteile an den Mitgliedsbeiträgen. Auf einige der Leistungen wäre möglicherweise die Steuerbefreiung nach $ 4 Nr. 22 Buchst. b UStG anwendbar gewesen, jedoch scheiterte dies daran, dass der Golfclub nicht ohne Gewinnstreben gehandelt hat, was aber auch für die Steuerbefreiung gem. § 4 Nr 22 Buchst. b UStG nach Auffassung des EuGH erforderlich ist. Das Problem war insoweit, dass im Streitzeitraum in der Satzung des Golfclubs nicht sichergestellt war, dass bei Auflösung des Vereins das vorhandene Vermögen entweder an Körperschaften des öffentlichen Rechts oder gemeinnützige Rechtsträger fällt. Wegen des Verböserungsverbots hat der BFH die Fragen, ob anerkannte Steuerbefreiungen gerechtfertigt waren und die Mitgliedsbeiträge Leistungsentgelte umfassten, nicht geprüft. – lm Hinblick auf die Rechtsprechungsänderung und Änderung der Verwaltungspraxis wird es sicherlich eine vertrauensschützende Übergangsregelung geben müssen. Außerdem greift § 176 AO, soweit bereits Steuerbescheide vorliegen. Erhöhte Bedeutung wird der Anwendungsbereich des § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG (ggf. auch Buchst. a der Vorschrift) erlangen. Vorstellbar ist ferner, dass der deutsche Gesetzgeber die Umsatzsteuerbefreiung für Sport an den Rahmen angleicht, den die MwStSystRL setzt. [kk]
[5] Die Bereitstellung eines Internet- sowie TV-Anschlusses gehört zu den sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation, für die sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 2 UStG bestimmt und auf die die Steuerschuldnerumkehr nach § 13b Abs. 2 Nr. 12 iVm. Abs. 5 Satz 6 UStG erfolgt, wenn Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, dessen Haupttätigkeit in Bezug auf den Erwerb dieser Dienstleistungen in deren Erbringung besteht (sog. Wiederverkäufer). Die FinVerw. sieht Wohnungseigentümer bzw. Vermieter und Wohnungseigentümergemeinschaften nicht deshalb als Wiederverkäufer idS an, weil sie die Kosten weiterbelasten. Durch BMF-Schr. III C 3 – S 7279/19/10006:004 v. 2.5.2022 ist der Katalog der (steuerfreien) Nebenleistungen auf die Bereitstellung von Internet- und/ oder TV-Anschluss “durch den Mieter” ausgedehnt worden. In Abschn. 13b.7b UStAE wird in neuen Abs. 7 und 8 klargestellt, dass Wohnungseigentümergemeinschaften für Telekommunikationsdienstleistungen als Leistungsempfänger nicht Steuerschuldner sind, wenn diese Leistungen nach § 4 Nr. 13 UStG steuerfreie Leistungen der Wohnungseigentümergemeinschaft an die einzelnen Wohnungseigentümer sind. Vermieter sind für Telekommunikationsleistungen als Leistungsempfänger nicht Steuerschuldner, wenn diese Leistungen als nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfreie Nebenleistungen der Vermieter an die einzelnen Mieter weiterberechnet werden (auch bei Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG). Bei Leistungen, die vor dem 1.7.2022 ausgeführt werden, wird es nicht beanstandet, wenn die Beteiligten übereinstimmend die Vorschrift des § 13b Abs. 2 Nr. 12 UStG angewendet haben. Mit der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG für Nebenleistungen und der unionsrechtswidrigen Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 13 UStG wird sich ein Themenbeitrag in kösdi Heft 6/2022 auseinandersetzen. [kk]
[6] Nach einer Mitteilung auf der Homepage des BMF v. 3.5.2022 ist das “Amtliche Handbuch Steuerberatungsrecht” in der aktuellen Ausgabe 2021/2022 ab sofort online verfügbar. Das Handbuch enthält eine Sammlung der für die Steuerberatung relevanten Gesetze, zB das Steuerberatungsgesetz, die Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Lohnsteuerhilfevereine, die Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften, die Steuerberater-Gebührenverordnung, die Verordnung über die Berufsausbildung zu Steuerfachangestellten sowie Auszüge aus anderen relevanten Gesetzen. [kk]