[1] Der Deutsche Bundestag hat am 19.5.2022 den Gesetzentwurf der Bundesregierung für das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz (BT-Drucks. 20/1111, 20/1646) unter Berücksichtigung von Beschlussempfehlungen des Finanzausschusses (BT-Drucks. 20/1906 v. 18.5.2022) verabschiedet. Der Gesetzentwurf ist durch die Beschlussempfehlung noch in einigen wesentlichen Punkten verändert worden. Geblieben ist es bei folgenden Gesetzesänderungen: Verlängerung der Steuerbefreiung für Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld bis Ende Juni 2022, Verlängerung der Homeoffice-Pauschale bis zum 31.12.2022, Verlängerung der degressiven AfA für bewegliche WG um ein Jahr (mithin Ausdehnung auf Investitionen im Jahr 2022), erweiterter Verlustrücktrag auf 2022 und 2023 und zweijähriger Rücktragszeitraum, Verlängerung der Reinvestitionsfristen nach § 6b EStG um ein Jahr, Verlängerung der Investitionsfristen für steuerliche Investionsabzugsbeträge nach § 7g EStG um ein Jahr, Erweiterung des Registerbezugs beim Lohnsteuereinbehalt in der Seeschifffahrt. Auf Veranlassung des Finanzausschusses wird es folgende weitere Regelungen geben:
Anm.: Über die vorgesehene Erweiterung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11b EStG für Corona-Bonuszahlungen an Arbeitnehmer wird die im Gesetzentwurf vorgesehene Steuerfreiheit auf Arbeitnehmer in Einrichtungen iS des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 3, 4, 8 und 12 des Infektionsschutzgesetzes ausgedehnt; zusätzlich werden zudem freiwillige Leistungen der Arbeitgeber einschl. Leistungen aufgrund von Tarifverträgen über Corona-Sonderzahlungen begünstigt. Der steuerfreie Höchstbetrag wird von 3.000 € auf 4.500 € angehoben (betroffen von der Erweiterung sind zB Einrichtungen für ambulantes Operieren, Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, Dialyseeinrichtungen, Arztpraxen, Zahnarztpraxen, Rettungsdienste).
Über den Gesetzentwurf hinausgehend werden die Steuererklärungsfristen in beratenen Fällen für 2020 bis 2024 und in nicht beratenen Fällen für 2021 bis 2023 verlängert, ebenso wie die weiteren mit der Fristverlängerung zusammenhängenden Termine und Fristen.
Das Abzinsungsgebot für Verbindlichkeiten nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG soll für nach dem 31.12.2022 endende Wj. entfallen; auf Antrag ist die Gesetzesänderung rückwirkend anwendbar. Hinsichtlich der Abzinsung für Rückstellungen (auch bezüglich der Höhe des Zinssatzes) verbleibt es dagegen bei der bisherigen Regelung.
Es sind umfangreiche Änderungen des Kapitalgesetzbuches zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2261 (zu Informationsblättern für Kleinanleger) vorgesehen. [kk]
[2] Der Deutsche Bundestag hat am 12.5.2022 das Steuerentlastungsgesetz 2022 in Gestalt der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses 20/1765 v. 11.5.2022 verabschiedet. Dem Bundesrat liegt es zur Zustimmung in seiner Sitzung am 20.5.2022 vor, vgl. BR-Drucks. 205/22 v. 13.5.2022, nebst Beschlussempfehlung des federführenden Finanzausschusses des Bundesrates, vgl. BR-Drucks. 205/1/22 v. 16.5.2022.
Neben den im Regierungsentwurf mit Wirkung ab 1.1.2022 vorgesehenen Steuererleichterungen (Anhebung des Grundfreibetrags und der Arbeitnehmer-Pauschale sowie zeitlich befristete Erhöhung der Entfernungspauschale ab dem 21. Entfernungs-Km) sieht die verabschiedete Fassung eine Energiepreispauschale und einen Kinderbonus 2022 vor: (a) Der Kinderbonus wird in § 66 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG geregelt, indem die vorhandenen Bestimmungen zum Kinderbonus 2021 (damals 150 €) auf das Jahr 2022 datiert werden und der Bonus für 2022 auf 100 € festgelegt wird. Entsprechende Regelungen sind auch im Bundeskindergeldgesetz getroffen worden. (b) Für die 300 € betragende einmalige, am 1.9.2022 entstehende Energiepreispauschale werden eigens 11 Paragraphen (§§ 112 bis 122) an das EStG angefügt. Anspruchsberechtigt sollen unbeschränkt Stpfl. sein, die im VZ 2022 Einkünfte aus §§ 13, 15, 18 oder 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielen. Die Pauschale wird mit der Einkommensteuer-Veranlagung für den VZ 2022 festgesetzt und auf die ESt. angerechnet (Überhänge werden erstattet). Wenn am 1.9.2022 ein Arbeitsverhältnis besteht, soll der Arbeitgeber die Auszahlung vornehmen; die ausgezahlten Beträge verrechnet er mit der anzumeldenden LSt. (es gelten Sonderregelungen, wenn keine Lohnsteuer-Anmeldung erfolgt bzw. für bestimmte Lohnsteuerpauschalierungen). In anderen Fällen wird die Energiepreispauschale grundsätzlich mit der Einkommensteuer-Vorauszahlung zum 10.9.2022 verrechnet. Bei Empfängern der Energiepreispauschale, die Arbeitnehmer sind, gilt die ausgezahlte bzw. festgesetzte Pauschale als Arbeitslohn iS des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG für den VZ 2022. Bei anderen Stpfl. gilt die Energiepreispauschale als Einnahme nach § 22 Nr. 3 EStG im VZ 2022 (die Freigrenze nach § 22 Nr. 3 Satz 2 EStG ist darauf nicht anwendbar). [kk]
[3] Mit dem für die Bilanzierungspraxis äußerst bedeutsamen BMF-Schr. v. 26.2.2021, BStBl. 2021 I, 298, hatte die FinVerw. den Stpfl. die Möglichkeit eingeräumt, die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer für sog. digitale Wirtschaftsgüter (Hard- und Software) auf nicht mehr als ein Jahr zu schätzen und deshalb im Jahr der Anschaffung oder Herstellung in vollem Umfang gewinnmindernd (im außerbetrieblichen Bereich: einkünftemindernd) geltend zu machen. Wegen lebhafter Diskussionen zur Tragweite wurde die Verwaltungsanweisung mit BMF-Schr. v. 22.2.2022, BStBl. 2022 I, 287, überarbeitet und präzisiert. Dies führte indes erneut zu Diskussionen im Fachschrifttum; zT wurde angenommen, die FinVerw. habe damit ihre Verwaltungsanweisung relativiert und eingeschränkt, und im Hinblick auf das Maßgeblichkeitsprinzip laufe die Möglichkeit der Sofortabschreibung zT leer. Auf eine Eingabe der Wirtschaftsverbände v. 29.3.2022 hat sich das BMF mit Schr. IV C 3 – S 2190/21/10002 :028 v. 26.4.2022, DStR 2022, 942, diesem gegenüber zu deren Änderungs- und Erläuterungswünschen geäußert. Die FinVerw. stellt klar, dass sie ihre Verwaltungsanweisung im Schr. v. 26.2.2021 keinesfalls einschränken, sondern nur erläutern und präzisieren wollte. Bei der eingeräumten Möglichkeit, die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer auf nicht länger als ein Jahr zu schätzen, handele es sich um eine Fortschreibung der sog. amtlichen AfA-Tabellen, die seit 2000 nicht mehr geändert worden seien und – was die sog. digitalen Wirtschaftsgüter anbetrifft – den überaus rasanten Entwicklungen im IT-Bereich nicht Rechnung tragen. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer fuße auf der technischen und der wirtschaftlichen Nutzungsfähigkeit; mit der Verwaltungsanweisung habe die FinVerw. der idR sehr kurzen wirtschaftlichen Nutzungsdauer Rechnung getragen, die oft hinter der technischen Nutzungsdauer zurückbleibe. Die anderweitige planmäßige Abschreibung in der Handelsbilanz stehe der kurzfristigen Abschreibung für Abnutzung in der Steuerbilanz nicht entgegen: „Die Annahme einer neuen kürzeren Nutzungsdauer hat daher keine besonderen Auswirkungen auf das Verhältnis von Handels- und Steuerbilanz. Auch ohne diese Annahme können in der Praxis in der Handelsbilanz andere Nutzungsdauern für die planmäßigen Abschreibungen zugrunde gelegt werden als für die Absetzung für Abnutzung in der Steuerbilanz. Der Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 EStG gilt grundsätzlich zwar auch für die Bewertung der Wirtschaftsgüter. Nach dem steuerlichen Bewertungsvorbehalt in § 5 Abs. 6 EStG, der sich auch auf die Absetzung für Abnutzung bezieht, können aber auch Abweichungen zwischen der handelsrechtlichen und der steuerlichen Bewertung bestehen.“ – Relativierend merkt das BMF allerdings an, dass die vorbehaltlose Anerkennung einer kürzeren Nutzungsdauer nur für die eng in seinem Schreiben eingegrenzte Computer-Hardware und -Software Anwendung findet. [kk]
[4] Mit BMF-Schr. IV C 7 – S 2230/21/10001:007 v. 17.5.2022 hat die FinVerw. zu den ertragsteuerlichen Folgen der Übertragung und Überführung von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen aus einer Mitunternehmerschaft und zum Verpächterwahlrecht bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ausführlich mit vielen Beispielen Stellung genommen. Angesprochen sind zahlreiche Konstellationen bei der Übertragung bzw. Überführung der (insbesondere verpachteten) Betriebsgrundstücke auf die Mitunternehmer anlässlich der echten und unechten Realteilung. Die Verwaltungsanweisungen knüpfen an die BFH-Urt. VI R 66/15 v. 17.5.2018 und VI R 73/15 v. 17.5.2018 an, die nunmehr im BStBl. II veröffentlicht werden. Erläutert werden dabei auch die Auswirkungen der durch das JStG 2020 (als Reaktion auf diese Rspr.) eingeführten gesetzlichen Sonderregelung in § 14 Abs. 3 EStG. Die FinVerw. unterscheidet zwei Fallgruppen: Als Fallgruppe 1 erläutert sie die Folgen der Übertragung oder Überführung von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken vor dem 17.12.2020 ohne Antrag nach § 52 Abs. 22c Satz 2 EStG auf Anwendung des § 14 Abs. 3 EStG und als Fallgruppe 2 die Übertragung oder Überführung der Grundstücke nach dem 16.12.2020 oder vor dem 17.12.2020 für den Fall der Antragstellung nach § 52 Abs. 22c Satz 2 EStG.
Anm.: Bei den Erläuterungen zur Fallgruppe 1 geht es um die Anwendbarkeit der Buchwertfortführungsregelungen außerhalb des § 14 Abs. 3 EStG nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG für (echte und unechte) Realteilungen in Verpachtungsfällen, und zwar bei der Übertragung bzw. Überführung von Betrieben, Teilbetrieben und einzelnen Wirtschaftsgütern (einzelnen Flächen) aus dem Gesamthandsvermögen und aus dem Sonderbetriebsvermögen.
Als Fallgruppe 2 werden der Anwendungsbereich und die Wirkungen des § 14 Abs. 3 EStG (Sonderregelungen für Grundstücksübertragungen im Rahmen der Realteilung land- und forstwirtschaftlicher Mitunternehmerschaften) erörtert, der sowohl echte als auch unechte Realteilungen erfasst, wenn Gegenstand der Übertragung oder Überführung einzelne Grundstücke sind: § 14 Abs. 3 EStG fingiert zunächst in der ersten logischen Sekunde unabhängig von der Flächengröße und der Nutzung für sämtliche übertragene und überführte Grundstücke ein neues Betriebsvermögen beim übernehmenden Mitunternehmer. Voraussetzung dafür ist, dass mindestens eine übertragene oder überführte Fläche der Erzeugung von Pflanzen oder Tieren iS des § 13 Abs. 1 EStG zu dienen bestimmt ist. Sind die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 EStG gegeben, geht das überführte Sonderbetriebsvermögen nach § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG zwingend zum Buchwert über und gehen die übertragenen Wirtschaftsgüter unter Beachtung der Sperrfrist nach § 16 Abs. 3 Sätze 2 und 3 EStG ebenfalls zwingend zum Buchwert über. Die Verwaltungsanweisung behandelt dazu zahlreiche Einzelfragen zur Anwendung des § 14 Abs. 3 EStG.
Zum Antrag auf Anwendung des § 14 Abs. 3 EStG für Übertragungen und Überführungen in der Zeit vor dem 17.12.2020 äußert sich das BMF-Schr. unter Rn. 27 und 28. Stellen kann den Antrag der jeweilige Mitunternehmer, der an der realgeteilten Mitunternehmerschaft beteiligt war, oder sein Gesamtrechtsnachfolger, und zwar schriftlich bei dem FA, das für die gesonderte und einheitliche Einkünftefeststellung zuständig ist. Der Antrag kann auch dann gestellt werden, wenn der Erlass oder die Änderung des Bescheids für den Feststellungszeitraum der Realteilung verfahrensrechtlich ausgeschlossen ist und in den Folgezeiträumen von land- und forstwirtschaftlichem Betriebsvermögen ausgegangen wurde. Zur Vermeidung unbilliger Härten erkennt die FinVerw. eine Antragstellung durch einen Einzelrechtsnachfolger bis zum 31.12.2022 an. [kk]
[5] § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG schließt die Steuerermäßigung für Beherbergungsumsätze für Leistungen aus, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen. Es ist umstritten, ob das Aufteilungsgebot strikt auch auf Nebenleistungen zur Beherbergung anwendbar ist (zB Frühstück und Spa). Der BFH hat dies mit der FinVerw. bisher angenommen, aber im Hinblick auf das EuGH-Urt. in der Sache Stadion Amsterdam mit Beschl. XI B 2/21 (AdV) v. 7.3.2022 Aussetzung der Vollziehung unter Hinweis auf seine Vorlage an den EuGH gewährt, in der es darum geht, ob die Umsatzsteuerbefreiung für Grundstücksvermietungen für mitvermietete Betriebsvorrichtungen auch dann ausgeschlossen ist, wenn es sich um Nebenleistungen zur Grundstücksvermietung handelt (Az. beim EuGH C-516/21). [kk]
[6] Die Einziehung von Geschäftsanteilen an einer GmbH nach § 34 Abs. 1, 2 GmbHG unterliegt, soweit die Abfindung dafür unter dem Steuerwert der Anteile liegt, nach § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG auch dann der SchenkSt., wenn es sich nicht um eine Zwangsabtretung, sondern eine einvernehmliche Regelung unter den Gesellschaftern handelt, BFH-Urt. II R 21/20 v. 17.11.2021. [kk]