Zuständigkeit für die Außenprüfung zum Steuerabzug nach § 50a EStG
Der BFH hat sich mit Urteil I R 21/21 vom 20.12.2023 zu der Frage geäußert, ob die sachliche Zuständigkeit für die Außenprüfung zum Steuerabzug nach § 50a EStG beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) oder dem örtlich zuständigen Finanzamt liegt. Das Urteil ist auch von Relevanz für gemeinnützige und juristische Personen des öffentlichen Rechts, die Sachverhalte mit Auslandsbezug verwirklichen.
Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine KG, die eine Konzertdirektion im Inland betreibt und dort ein jährlich stattfindendes Musik Festival veranstaltet. Für die ausländischen Künstler, Künstlergruppen und Produktionsgesellschaften, die beschränkt steuerpflichtige Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 3 bzw. des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG erzielen, nahm die Klägerin als Auftraggeberin den Steuerabzug nach § 50a EStG vor und übermittelte Meldungen an das für den Steuerabzug zuständige BZSt.
Das örtlich zuständige Finanzamt erließ im Jahr 2020 eine Prüfungsanordnung, die sich auch auf den Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG beziehen sollte. Das BZSt hatte zuvor die Übersendung von Kontrollmaterial angeregt und darum gebeten, im Rahmen von Außenprüfungen (Lohnsteuer-Außenprüfung, Außenprüfung) den Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 EStG in die Prüfung einzubeziehen. Das BZSt hatte dabei auch ausgeführt, dass dazu die Erteilung eines Prüfauftrags nicht erforderlich sei, da die sachliche Zuständigkeit für Außenprüfungen bei den Ländern verblieben sei.
Die Klägerin legte gegen die Prüfungsanordnung Einspruch ein mit dem Hinweis, dass zweifelhaft sei, ob das örtlich zuständige Finanzamt nach Übertragung der Kompetenzen für den Steuerabzug gemäß § 50a EStG auf das BZSt noch für Prüfungen im Kontext des § 50a EStG zuständig sei.
Die gegen die zurückweisende Einspruchsentscheidung erhobene Klage hatte erstinstanzlich Erfolg. Das Niedersächsischen FG hielt die Prüfungsanordnung für nichtig, da das BZSt für die Prüfung des Steuerabzugs nach § 50a EStG sachlich zuständig sei. Dagegen wendet sich das beklagte Finanzamt mit seiner Revision.
Entscheidungsgründe:
Nach Auffassung des BFH ist die Prüfungsanordnung des örtlichen Finanzamts rechtmäßig und die Revision daher begründet. Das Finanzamt ist für deren Erlass auch insoweit zuständig gewesen, als es um die Prüfung des Steuerabzugs nach § 50a Abs. 1 EStG geht.
Die sachliche Zuständigkeit des BZSt beschränkt sich nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats nur auf die positiv-rechtlich im Finanzverwaltungsgesetz (FVG) enumerativ angeordneten Anwendungsfälle, im Übrigen bleibt es bei der Zuständigkeit des Finanzamts. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 FVG hat das BZSt u.a. die Aufgabe, das Steuerabzugsverfahren nach § 50a Abs. 1 EStG durchzuführen, einschließlich des Erlasses von Haftungs- und Nachforderungsbescheiden und deren Vollstreckung. Mit der Übertragung der in § 5 Abs. 1 Nr. 12 FVG genannten Aufgaben auf das BZSt ist jedoch keine sachliche Zuständigkeit des BZSt für die Durchführung von Außenprüfungen bei beschränkt Steuerpflichtigen bzw. inländischen Steuerabzugsverpflichteten begründet worden.
Der I. Senat des BFH begründet diese Auffassung im Wesentlichen mit einer Auslegung der Norm in § 5 Abs. 1 Nr. 12 FVG nach den gängigen Methoden (Wortlaut, Gesetzessystematik und Gesetzeshistorie). Die vom Gesetzgeber gewählten Formulierungen in § 5 Abs. 1 Nr. 12 FVG erfassen die Außenprüfung sprachlich nicht; die gesondert angeordnete Außenprüfung ist daher nicht Teil der Durchführung der Veranlagung i.S. der Norm. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Aufgabenwahrnehmungen des BZSt im Bereich der Außenprüfung in § 19 FVG gesondert angesprochen und detailliert geregelt werden, was systematisch gegen einen Einbezug der Außenprüfungskompetenz im Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 Nr. 12 FVG spricht. Auch die Entstehungsgeschichte der Norm macht deutlich, dass der historische Gesetzgeber eine Übertragung der Prüfungszuständigkeit auf das BZSt nicht vorgesehen hat.
Einordnung:
Der Steuerabzug nach § 50a EStG ist im Beratungsfeld internationaler Sachverhalte von hoher Relevanz. Er kann darüber hinaus aber auch im Bereich Gemeinnütziger oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts von Bedeutung sein, beispielsweise bei Veranstaltungen von Konzerten oder Ausstellungen durch die öffentliche Hand, bei dem die Leistungen von ausländischen Künstlern „eingekauft“ werden. Insofern ist stets an den Steuereinbehalt nach § 50a EStG zu denken.
Die Norm des § 50a EStG soll gewährleisten, dass bei beschränkt Steuerpflichtigen die Einkommensteuer für Tätigkeiten, die in Deutschland der beschränkten Steuerpflicht nach § 49 EStG unterliegen, an der Quelle einbehalten wird. Der Norm liegen in der Regel Fallkonstellationen zugrunde, bei denen ein im Ausland ansässiger Leistender (z.B. ein ausländischer Künstler oder Sportler) in Deutschland eine Leistung an einen in Deutschland ansässigen Vertragspartner erbringt. Da sich der Aufenthalt üblicherweise nur auf einen kurzen Zeitraum (einen oder mehrere Auftritte) beschränkt, muss der Auftraggeber die Steuer einbehalten und abführen; durch den Steuereinbehalt gilt die Steuerschuld des ausländischen Künstlers oder Sportlers in Deutschland als abgegolten, vgl. § 50 Abs. 1 S. 1 EStG.
Die Durchführung des Verfahrens zum Steuerabzug nach § 50a EStG liegt im Zuständigkeitsbereich des BZSt, vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 12 FVG. Nach der Entscheidung des BFH erstreckt sich diese Zuständigkeitszuschreibung nicht auch auf die Anordnung einer Außenprüfung. Für die Außenprüfung bleibt mithin das jeweilige Finanzamt zuständig. Das BZSt ist nach § 19 FVG lediglich befugt, an einer Außenprüfung mitzuwirken. Die Anordnung einer Außenprüfung durch das zuständige Finanzamt nach § 193 Abs. 1 oder § 193 Abs. 2 AO, die auch den Steuerabzug nach § 50a EStG umfasst, kann daher nicht mehr mit dem Hinweis auf die fehlende sachliche Zuständigkeit angegriffen werden.