Offenlegung des Gründungsaufwands in der Satzung einer (g)GmbH – OLG Schleswig 2 Wx 50/22 v. 21.2.2023
Fragen um die Reichweite der Offenlegung des Gründungsaufwands in der Satzung einer GmbH führten in der Vergangenheit immer wieder zu Konflikten mit den für die Eintragung zuständigen Registergerichten. Über die Jahre hat sich hierzu eine gefestigte Meinung gebildet, die nun durch den Beschluss des OLG Schleswig vom 21.2.2023 (Az.: 2 Wx 50/22) fortentwickelt wurde. Auch bei Gründung einer gGmbH ist es daher notwendig, sich mit dieser Neuerung auseinanderzusetzen und die weitere Entwicklung zu beobachten.
Bisheriger Stand
Im GmbH-Gesetz (GmbHG) findet sich keine Regelung zur Festsetzung des Gründungsaufwands in der Satzung. Aufgrund dessen wird in analoger Anwendung auf die Vorschrift des § 26 Abs. 2 AktG zurückgegriffen, nach der der Gründungsaufwand in der Satzung der Gesellschaft „gesondert festzusetzen“ ist. Dabei haben sich über die Jahre die folgenden Maßstäbe entwickelt, die in der Gründungssatzung zu berücksichtigen sind, vgl. z.B. BGH-Beschl. II ZB 10/88 v. 20.2.1989, BGHZ 107, 1, unter IV.3.; Beschl. OLG Celle 9 W 10/16 v. 11.2.2016, juris, Rz. 11; Beschl. OLG Zweibrücken 3 W 28/13 v. 25.6.2013, juris, Rz. 8 f.:
- Der Gesamtaufwand, den die GmbH zu tragen hat, ist im Gesellschaftsvertrag offenzulegen. Die bloße Bezifferung eines Höchstbetrages ist nicht ausreichend. Vielmehr sind die Kosten als Endsumme in der Satzung auszuweisen.
- Die Kosten, aus denen sich der Gründungsaufwand zusammensetzt, müssen ihrer Art nach im Einzelnen namentlich genannt werden.
In der registergerichtlichen Praxis wird die Übernahme von Gründungskosten bis zu einer Grenze von 10 % des Stammkapitals in der Regel ohne inhaltliche Prüfung akzeptiert.
Ausweitung durch die Entscheidung des OLG Schleswig
In der Entscheidung des OLG Schleswig beantragte eine neu gegründete GmbH die Eintragung ihrer Gesellschaft. Im Gesellschaftsvertrag war geregelt, dass die Gesellschaft mit einem Stammkapital von 27.000 € „die Kosten und Steuern dieses Vertrages und seiner Durchführung bis zu einem Höchstbetrag von 2.500 €“ trägt. Das Registergericht lehnte den Antrag ab und verlangte eine weitergehende Aufschlüsselung der Kosten.
Die dagegen gerichtete Beschwerde beim OLG Schleswig hatte keinen Erfolg. Dabei verweist das OLG zunächst auf die bislang gefestigten – oben dargestellten – Grundsätze. Im Streitfall waren nach dem OLG beide Grundsätze nicht erfüllt.
Darüber hinaus verlangt das OLG, dass die Gründungskosten im Einzelnen nicht nur aufgeführt, sondern auch im Einzelnen beziffert werden müssen – hierin liegt die wesentliche Neuerung im Vergleich zu den bisherigen Entscheidungen in der Rechtsprechung.
Einordnung und Praxiserwägungen
Sinn und Zweck des Erfordernisses der Offenlegung des Gründungsaufwands ist der Gläubigerschutz. Die Gläubiger der GmbH sollen zuverlässig abschätzen können, inwieweit das Grundkapital der GmbH durch die Gründungskosten vorbelastet ist.
Vor diesem Hintergrund ist schon die (herrschende) Ansicht kritikwürdig, nach der eine Benennung der einzelnen Kosten notwendig ist. Ein tatsächlicher Mehrwert für die Gläubiger ist mit diesen Informationen zumeist nicht verbunden. Die beispielhafte Erwähnung der wichtigsten Gründungskosten (Notar- und Gerichtsgebühren; Kosten der Rechts- und Steuerberatung) sollte m.E. ausreichend sein, vgl. Wachter, GmbHR 2023, 537, 542 ff. Trotz Kritik ist in der Praxis weiterhin der gefestigten Rechtsprechung zu folgen und die Gründungskosten im Einzelnen zu benennen, möchte man eine zeitliche Verzögerung bei der Eintragung vermeiden.
In jedem Fall geht aber die vom OLG Schleswig geforderte Bezifferung jeder einzelnen Kostenposition über das für den Gläubigerschutz erforderliche Maß hinaus, vgl. zu der am Beschluss geäußerten Kritik etwa Wachter, GmbHR 2023, 537, 543; Eßers, BB 2023, 723. Die entsprechend für die GmbH angewendete Norm des § 26 Abs. 2 AktG sieht eine solche Bezifferung nicht vor. Die Ansicht des OLG entfernt sich daher von der Gesetzesauslegung hin zu einem pauschalen Gebot des Gläubigerschutzes. Selbst der Verweis auf den Gläubigerschutz ist jedoch nicht nachvollziehbar. Die Angabe des übernommenen Gesamtbetrags der Gründungskosten ist ausreichend, um die Gläubiger über Vorbelastungen des Stammkapitals in Kenntnis zu setzen. Inwiefern die Bezifferung der einzelnen Kosten ein „Mehr“ an Schutz bedeuten würde, erschließt sich nicht.
Die vom OLG Schleswig vertretene Rechtsauffassung ist m.E. keineswegs so fundiert, dass sie im weiteren Fortlauf zwingend beachtet werden müsste; die Fortentwicklung dieser Rechtsfrage ist aber im Auge zu behalten. Zu empfehlen ist daher – im Ausgangspunkt – die von Wachter vorgeschlagene Satzungsregelung, die die Rechtsansicht des OLG Schleswig weiter ausblendet, vgl. Wachter, GmbHR 2023, 537, 543:
„Die Gesellschaft trägt die mit der Gründung verbundenen Kosten (insbesondere auch die gesetzlichen Notar- und Gerichtsgebühren, die Kosten der Rechts- und Steuerberatung, die Bankgebühren sowie etwaige Steuern) bis zu einem Gesamtbetrag in Höhe von (…) €. Alle darüber hinaus gehenden Gründungskosten tragen die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Beteiligung an der Gesellschaft persönlich.“
Es bleibt jedenfalls abzuwarten, wie sich die Rechtslage zur Offenlegung des Gründungsaufwands in der Satzung einer GmbH weiterentwickelt.